Schadensaufnahme und Sanierungsempfehlungen
Die Eigentümer des Fachwerkhauses Am Markt 3 bewohnen das Objekt selbst und sind gleichzeitig bestrebt, abschnittsweise Reparatur und Modernisierungsmaßnahmen durchzuführen. Hierdurch ist eine baubegleitende Befundaufnahme in der Bauforschung und von Schadensbereichen möglich. Überwiegende Schadensbilder sind: Ausbruchstellen im Sockelmauerwerk, ausbrechender Fugenmörtel, rissige und abplatzende Anstriche sowohl an der Fassade als auch an den Innenbekleidungen, Pilzbefall (z.B. Moderfäule) und tierischer Befall von Fachwerkhölzern und Deckenbalken hauptsächlich im Nebengebäude, ausgewaschene Lehmgefache und Lehmaußenputze, Risse und Feuchteschäden an Lehminnenputzen, Risse und Brüche in den Estrich- und Fliesenböden des Nebengebäudes.Sockel/Natursteinmauerwerk:
Der Sandsteinsockel am Objekt Markt 3 ist straßenseitig mit einem Farbanstrich versehen, welcher rissig ist und abblättert. Zu beobachten ist weiterhin ein Ausbrechen des Fugenmörtels sowie Oberflächenschäden an einzelnen Steinen, wie z.B. Abschalungen, Eckabbrüche und partiell größere Abplatzungen. Die vor den Kellerfenstern eingelassenen Stahlstäbe sind verrostet, was an den Fußpunkten zu Absprengungen des Sandsteins führte. Der rissige Farbanstrich kann mit einem Abbeizer (1) und anschließend mit einer Verdünnung gründlich abgewaschen werden. Die losen Mörtelreste und Zementaussetzungen sollten abgenommen und mit einem Kalkmörtel wieder fachgerecht ausgesetzt werden. Fehlstellen bzw. großflächigere Ausbruchstellen an den Sandsteinen schließt man z.B. mit (Mineros) Sandsteinersatzmasse. Da diese Ersatzmassen exakt angemischt werden können, sollte eine Sandsteinprobe zur Farbbestimmung eingeschickt werden. Sehr stark geschädigte oder gerissene Sandsteine werden ersetzt, tiefe Fehlstellen durch Aussetzung/Vierung aus Sandstein ergänzt. Die Stahlstäbe sollten entrostet und mit einem Rostschutzmittel versehen wieder fachgerecht eingebunden werden. Dazu sind die Fußpunkte neu einzubleien oder mit einem Epoxydharz zu verankern.
Abb. 6 Tordurchfahrt, eingefügter Ständer an der Nordwand der Tordurchfahrt; Ständerfuß auf einem Sockelstein mit untergelegter Mauersperrbahn (Deutsch Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)
In den Kellerräumen sollte generell auf eine gute Durchlüftung geachtet werden. Aufgrund der Feuchtigkeit
im Keller sollten hier keine Holzregale, -kisten oder anderweitige Holzreste deponiert werden, um einem
möglichen Pilzbefall vorzubeugen.
Fachwerkkonstruktion:
Schon vor Beginn der Bauaufnahme durch das Fachwerkzentrum erfolgten im September 2009 Instandsetzungsmaßnahmen am Fachwerk der Straßenfassade des Vorderhauses. Dabei wurden das Schwellholz, die drei aufgehenden Ständer westlich der Hauseingangstür sowie der darüber liegende Rähmabschnitt und sechs Riegel erneuert. Der straßenseitige Fachwerkständer östlich der Tordurchfahrt hat sich aus dem Zapfenloch gelöst. Er steht auf dem Boden auf; der Zapfen greift jedoch nicht mehr in das Zapfenloch des Rähms. Gleichzeitig hat sich die Gefachausmauerung zwischen dem Sturzriegel der Tordurchfahrt und dem Rähm gesenkt, so dass ein breiter Spalt erkennbar ist. Da somit die Gefahr des Herausfallens der Gefachfüllung besteht, sollte diese zur Gewährleitung der öffentlichen Sicherheit zurückgebaut und nach dem Unterfüttern/Hochsetzen des Ständers fachgerecht unter Verwendung von seitlich an den Fachwerkhölzern zu befestigenden Trapezleisten neu ausgemauert werden. Das Unterfüttern des Ständers könnte beispielsweise wie auf der Hofseite durch das Untersetzen eines Sockelsteins mit Mauersperrbahn erfolgen. Durch eine defekte Dacheindeckung eingedrungenes Niederschlagswasser hat zwei Deckenbalken und die dazwischen liegende Füllung im Obergeschoss so stark geschwächt, dass die geschädigten Balkenabschnitte ersetzt werden mussten. Als Deckenfüllung wurde ein Rauhspund gewählt, der im Dachgeschoss eine Dämmung erhält.
Abb. 8 Straßenansicht nach Austausch der geschädigten Fachwerkhölzer (Deutsch Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)
Fassaden benötigen in der Regel einen zusätzlichen konstruktiven Wetterschutz, wenn sie frei vom Wind
angeströmt werden können. Die beim Markt 3 vorhandenen Bekleidungen aus Eternitplatten am Nordgiebel des
Hintergebäudes und an der Westfassade geben bereits einen Hinweis auf eine evtuell erhöhte
Schlagregenbeanspruchung der Fassaden. Zur Prüfung möglicher Schäden an der Fachwerkkonstruktion sollte
die Eternitbekleidung partiell abgenommen werden.

Abb. 10 Straßenansicht nach Austausch der geschädigten Fachwerkhölzer (Deutsch Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)
Bei der Verwendung von Altholz im Rahmen von Fachwerkreparaturen sollte ein Sachverständiger einen
früheren Eintrag von Holzschutzmitteln und das Vorhandensein holzschädigender Organismen ausschließen.
In jedem Fall, also auch beim Einsatz neuer Bauhölzer ist auf eine entsprechende Gleichgewichtsfeuchte
on unter 20% zu achten (2).

Abb. 12 Zurückgebauter Deckenfüllung vom Dach und vom Wohnzimmer aus gesehen (Deutsch Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)

Abb. 14 Mit Rauhspund geschlossene Deckenfelder vom Wohnzimmer aus gesehen (Deutsch Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)

Abb. 15 Hinterhaus OG, Feuchteschäden an Deckenbalken Rähm, Pfette (Deutsch Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)
Gefache:
Aufgrund der Bewegungen der Fachwerkkonstruktion treten auch in der Gefachfüllung Spannungen auf, die
z.B. durch den Einsatz kleinformatiger Steine mit hohem Fugenanteil gleichmäßig über Steine und Fugen
verteilt werden. Müssen Gefache nur teilweise ergänzt werden, sollte das gleiche Ausfachungsmaterial
zum Einsatz kommen wie bereits vorhanden.
Grundsätzlich empfiehlt sich vor dem Beginn umfangreicherer Ausfachungsarbeiten der Anstrich der Flanken
der Fachwerkhölzer mit einer diffusionsoffenen Grundierung (4).
Die Außenwände des Objektes Markt 3 bestehen aus Sichtfachwerk mit Ziegelsteinausfachung, straßenseitig
mit einem Farbanstrich auf Hölzern und Ausfachung versehen. Einige Ziegelsteine der straßenseitigen
Fassadenausfachung sind durch Abschalungen gestört. Da somit die äußere Brandhaut zerstört ist, kann
Feuchtigkeit tief in die Steine eindringen, was hinsichtlich einer nachträglichen Innendämmung und der
damit verbundenen Verschiebung des Taupunktes an die Innenseite der Wand zu weiteren Feuchteproblemen
führen könnte.

Abb. 19 Hinterhaus, OG stark feuchtegeschädigte Decke in Raum 2.13 (Deutsch Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)
Die Ziegelsteingefache über der Tordurchfahrt der hofseitigen Außenwand des Vorderhauses waren insbesondere
in den Brüstungsbereichen durch Abschalen, Absanden, Risse und Feuchtigkeit mangelhaft. Sie sind im Rahmen
der Ertüchtigung des hofseitigen Mauerwerkspfeilers repariert bzw. ausgetauscht worden.
Die Ausfachungen der fachwerksichtigen Fassadenabschnitte des Nebengebäudes bestehen aus Lehmsteinen, oder
Mischmauerwerk und sind mit einem Lehmunter- und einem Kalkoberputz versehen, die z.T. stark abgängig sind.
Die zur Ausfachung verwendeten Lehmsteine und die Lehmmörtelfugen sind durch Witterungseinflüsse partiell
bereits ausgewaschen. Bei den Mischgefachen - bestehend aus Lehm- und Ziegelsteinen - ist zu prüfen, ob
eine feste Verankerung zum Fachwerk besteht. Sollten die Mischgefache keinen ausreichenden Verbund zur
Fachwerkkonstruktion aufweisen, wäre im Rahmen eines Rückbaus und der fachgerechten Neuausfachung ein
einheitliches Gefachmaterial anzustreben.
Vor der Gefachausmauerung werden an den Ständern und am unteren Riegel oder Schwell, etwa mittig am Holz,
Trapezleisten mittels rostfreier Nägel befestigt. Sie sorgen für die Lagesicherung und Winddichtigkeit der
Ausfachung in der Konstruktion. Am oberen Abschluss übernimmt eine eingefräste Nut diese Funktion. Als
Gegenstück zur Leiste ist eine Nut in den Steinen vorzusehen. Der Fugenmörtel soll bei der Vermauerung die
Leisten vollständig umschließen und die Nut ausfüllen. Die Ausfachung muss um Putzdicke ins Gefach
zurückversetzt sein.
Je nach Zustand der Gefachfüllung und des Außenputzes wird individuell entschieden, ob noch vorhandene lose
oder hohl liegende Kalk- und Lehmputzlagen gefestigt oder zurückgebaut und neu aufgetragen werden.
Außenputze:
Vor den Verputzarbeiten muss die Wandkonstruktion gut ausgetrocknet sein. Um die sich von den Ausfachungsmaterialien auch auf den Putz übertragenden Spannungen zu kompensieren, sollten die Gefacheputze in ausreichendem Maße elastisch sein und zusätzlich eindringende Feuchtigkeit aufnehmen sowie die Abtrocknung auf kürzestem Weg gewährleisten können. So kommen als Mörtel z.B. Kalkmörtel aus gelöschtem Branntkalk oder Weißkalkhydrat in Frage. Je nach Anteil der hydraulisch wirkender Bindemittel (bis zu 30%) (5) steigt die Resistenz des Putzes gegen Witterungseinflüsse.
Lehmmörtel ist wegen seiner Eigenschaft, unter Wassereinfluss seine Festigkeit zu verlieren, nicht
schlagregenbeständig. Im Außenbereich muss daher ein schützender Kalkputz oder eine zusätzliche Bekleidung
vorgesehen werden.
Bestehen die Ausfachungen aus Lehm, also aus Stakung, Flechtwerk oder Lehmsteinen, handelt es sich um
einen ungünstigen Putzgrund, welcher mit Kalkputze keinen ausreichenden chemischen Verbund bildet. Zur
Gewährleistung einer ausreichenden Haftung müssen in diesem Fall mechanische Verkrallungen, wie z.B.
Fingerlöcher, Kammriefen, Ziegelzwicker oder chemische Haftbrücken, bestehend aus einem Kalkkaseinanstrich
und einem netzförmigen Spritzbewurf aus grobkörnigem Kalkmörtel vorgesehen werden (6). Die anschließende
einlagige Putzschicht aus Kalkputz ist bündig mit der Fachwerkkonstruktion abzuziehen (7).
Bei mehrlagigen Putzen ist umlaufend schon entlang der Unterputzlage zum angrenzenden Fachwerkholz ein
sauberer Trennschnitt mit Hilfe der Kelle oder besser mit einer dünnen Klinge in voller Tiefe auszuführen.
Beim Abreiben des Oberputzes in der Abbindephase ist anzustreben, diesen bündig an die Hölzer anzuschließen.
Für Putzausbesserungen in den Gefachen sollte artgleicher Mörtel wie beim Bestand verwendet werden.
Außenanstriche:
Ein Anstrichsystem muss den Feuchtehaushalt des Holzes gleichmäßig niedrig halten können. Das bedeutet einerseits, dass es durch das unterschiedliche Schwindverhalten nicht reißen darf, andererseits darf die Wasserdampfdiffusion nur gering behindert werden - die Diffusionswiderstandszahl muss auch mit zunehmender Schichtdicke des Anstrichfilms niedrig bleiben (8). Deshalb ist es ratsam, im Rahmen von Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen sämtliche alte Farbanstriche vollständig zu entfernen, um der Gefahr zu großer Schichtdicken entgegen zu wirken. Gute Ergebnisse können erzielt werden, wenn motorgetriebene, drehzahlsteuerbare weiche Bürsten (9) mit regulierbarem Bürstenabstand eingesetzt werden. Weiterhin ist das Ablösen der Farbschichten mit Heißluftgeräten eine geeignete Methode, um dicke Farbschichten zu entfernen. Die angelösten Farbschichten können mit dem Spachtel abgenommen werden.
Abb. 23 Reparierte Ziegelgefache unterhalb der Fensterzone des Obergeschosses Hoffassade (Deutsch Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)
Bei der Entfernung von organischen Anstrichen muss aufgrund der umweltgefährdenden Inhaltsstoffe
insbesondere die Problematik der fachgerechten Entsorgung (Sondermüll) beachtet werden.
Der z.T. schon sehr rissige und abblätternde Anstrich auf der Ziegelausfachung sollte zuerst mechanisch
mit motorgetriebenen Bürsten abgelöst werden. In einem zweiten Schritt könnte bei fest anhaftenden
Schichten ein marktüblicher, lösemittelhaltiger Abbeizer zum Einsatz kommen, wobei darauf zu achten ist,
dass die Holzbauteile möglichst nicht damit in Berührung kommen und im Anschluss die Flächen gut
nachgewaschen werden. Eine leichte Entfernbarkeit der Farbe weist auf filmbildende Kunstharzzusätze
(Silikone) hin (10). Ist ein Folgeanstrich für die Ziegelausfachung vorgesehen, schließt sich vermutlich die
Anwendung von Silikatfarben wegen der Vorbelastung mit Dispersionsfarben aus. Alternativ könnte ein
Anstrichsystem auf Kalkbasis oder Leinöl-Kobaltfirnis an einem Mustergefach geprüft werden. Dies sollte
durch einen Restaurator erfolgen, der über einschlägige Erfahrungen mit den jeweiligen Systemen verfügt.

Abb. 25 Ausschnitt Fassade Hinterhaus Erdgeschoss, erneuerte Gefacheputze (Deutsch Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)
Die Vorbehandlung des Holzgrundes ist abhängig von dessen Zustand und dem vorgesehenen Anstrichsystem.
Grundvoraussetzung ist natürlich, dass die Hölzer frei von tierischen Schädlingen, Pilzen, Algen, Moosen,
Pflanzen, Altanstrichen, Mörtelresten, Spachtel- oder synthetischen Fugendichtmassen und zerstörten
Oberflächenbereichen ist. Beim Neuanstrich sollte auf den Einsatz von Kunstharzdispersionen oder mit
Acrylaten versetzter Farbsysteme verzichtet werden.
Transparent farbige Lasuren auf der Basis von natürlichen Inhaltsstoffen besitzen aufgrund der geringen
Molekülgröße (11) ein gutes Eindringvermögen und eine hohe
Witterungsbeständigkeit. Der Anstrichfilm bleibt
diffusionsoffen, flexibel und neigt nicht zum Abblättern. Die in den natürlichen Farbmischungen enthaltenen
pflanzlichen Öle nehmen bei der Trocknung Sauerstoff auf und vernetzen dadurch zu einem elastischen Film.
Durch die oxidative Trocknung der Öle und durch Zusatz von UV-beständigen Naturpigmenten kann eine besonders
dünnschichtige und wirtschaftliche Auftragsweise erzielt werden. Als Bindemittel in Naturfarben kommen z.B.
Leinöl, Leinöl-Standöl, Holzöl-Standöl, (modifiziertes) Kolophonium, Rizinen-Standöl, Dammar, Kalk zum
Einsatz (12).
Da zu viele Leinöl- oder Standölschichten einen dichten Film bilden, der die Wasserdampfdurchlässigkeit
des Holzes zu stark behindern kann, ist als wichtigste Grundregel zu beachten, dass die Anstriche in
ihrer Fettigkeit von unten nach oben zunehmen. Der erste Anstrich muss also relativ mager sein, die
darauffolgenden sollen fetter werden, um netzartige Rissbildung infolge von Spannungen und Schrumpfungen
zu vermeiden (13).

Abb. 28 Mehrfach reparierte Gratabdeckung der straßenseitigen Betondachsteineindeckung, Untersicht mit erkennbaren Feuchteflecken an den Dachziegeln und am Sparren. (Deutsch Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)
Für den Anstrich von Lehmgefachen mit Kalkoberputzen eignen sich Kalk- bzw. Kalk-Kaseinfarben. Bei der
Ausführung von Anstrichen auf Kalkbasis ist eine direkte Sonneneinstrahlung zu vermeiden, an warmen Tagen
ist ein Vornässen zwingend erforderlich. Kaseinfarben sollten drei- bis viermal dünnschichtig aufgetragen
werden (14).
Neben Kalkfarben sind für die Beschichtung von neuen Kalkputzen alternativ auch reine Silikat(Mineral-)farben
geeignet (15). Salzbelastete Untergründe bzw. Untergründe
mit alten Dispersions-, Acryl- oder Ölfarbanstrichen
sind nicht für den Anstrich mit Mineralfarben geeignet, da eine Verkieselung selbst nach einem Abbeizen
aufgrund von Farbresten in den Poren nicht stattfindet (16).

Abb. 30 Rissiger und sich absenkender Fliesenboden im EG des Hinterhauses (Deutsch Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)
Dach:
Die Straßenfassade Markt 3 knickt im Bereich der Tordurchfahrt nach Norden ab, wodurch in der ebenfalls abknickenden Dachfläche eine Gratabdeckung ausgebildet werden musste. Diese Abdeckung mit den einbindenden Dachziegeln stellt eine Schwachstelle in der Eindeckung dar, die häufig zu Feuchteeintrag auf den darunter liegenden Sparren und in der Vergangenheit auch zu Schäden an den Deckenbalken führte. Trotz Reparaturmaßnahmen an den Abdeckziegeln, konnte die Dichtheit nicht hergestellt werden. Nach Begutachtung durch einen Dachdecker liegt die Ursache in den nicht fachgerecht verlegten einbindenden Dachziegeln. Der gesamte Gratbereich sollte aufgenommen und fachgerecht neu verlegt werden. Zu überlegen wäre, ob im Rahmen einer späteren Maßnahme die Eindeckung aus derzeit Betondachsteinen gegen eine Eindeckung aus Tonziegeln entsprechend des historischen Stadtbildes ausgetauscht werden kann.Innenräume Fußböden:
Im Markt 3 sind verschiedene Bodenbeläge vorzufinden. Die Flurbereiche des Erdgeschosses sowie die Räume 1.08, 1.10 und 1.11 sind mit unterschiedlichen Fliesenarten und -formen belegt. Die Böden sind meist uneben und senken sich im Nebengebäude nach Norden hin ab. In Raum 1.08 ist der Boden an der Außenwand partiell eingebrochen. Die Steinfliesen liegen in der Regel auf einer Erd- (Lehm-)schüttung auf. Dadurch entstanden Risse entlang des Fugenbildes, aber auch durch die Fliesen selbst. Die Oberflächen und Kanten der Fliesen weisen z.T. Abplatzungen auf.
Abb. 32 Sichtbar belassene Lehmsteinausfachung und verputztes Gefach an einer inneren Fachwerktrennwand in der Töpferwerkstatt (Deutsch Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)

Abb. 33 Naturbelassener Lehmverputz an innerer Trennwand im EG Hinterhaus (Deutsch Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)

Abb. 34 Reparierter Lehmverputz der Deckenfelder in der Werkstatt des Vorderhauses (Deutsch Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)
Innenräume Wände und Decken:
Wegen seiner bauklimatischen und bauhygienischen Eigenschaften eignet sich Lehm besonders gut als Innenputz. Auch im Markt 3 sind die Wände und Decken sind in der Regel mit einem zweilagigen Lehmputz bekleidet - einem gröberen Lehmunterputz mit Stroh und einem feinen Lehmoberputz, welcher einen Farbanstrich aus Kalkfarbe, z.T. auch kunststoffhaltige Farben oder Ölfarben aufweist bzw. tapeziert ist. Vorangegangene Putzausbesserungen erfolgten meist in Kalk-Zementputz. Vorherrschende Schadensbilder im Erdgeschoss sowohl des Vorder- als auch des Hinterhauses sind Risse im Verputz, die sich meist entlang der darunter liegenden Holzkonstruktion erstrecken. Der innenseitige Lehmverputz an den Natursteinaußenwänden weist deutliche Schäden durch Feuchteeinfluss auf. An den Fachwerkwänden des Hinterhauses mit Lehmsteinausfachung und Lehminnenputz waren Risse und Feuchteschäden nachweisbar, die sich wiederum mit den äußeren Witterungseinflüssen, der fehlenden Nutzung und den damit verbundenen, ungünstigen bauklimatischen Raumverhältnissen in Zusammenhang bringen lassen. Im Rahmen der Reparaturmaßnahmen sind artfremde Ausbesserungen sowie hohl liegende Lehmputzlagen entfernt worden. Die Gefache der Innenwände wurden bei Bedarf ergänzt bzw. neu geschlossen, wobei hier zum Teil ganz bewusst auf einen Verputz verzichtet wurde. So zeichnen sich die Lehmstein oder Stakenholzfüllungen im Sichtfachwerk deutlich und optisch sehr schön in das Raumkonzept eingebunden ab. Andere Gefachfelder sind wiederum mit einem Lehmputz bekleidet. Bei reinen Reparaturarbeiten der feineren Oberputzlage ist zur besseren Lagenhaftung die Unterputzlage leicht aufgeraut worden. Alternativ kann als Armierung ein Jute oder Gittergewebe eingespachtelt werden. Die Außenwände erhielten im Anschluss an die im folgenden beschriebenen Dämm-Maßnahmen raumseitig einen neuen Lehmverputz, der sich ohne Anstrich naturbelassen darstellt. Die mit Lehm verputzen Deckenfelder wurden entweder repariert oder erhielten eine neue Oberputzlage.Dämmung oberste Geschossdecke und Außenwände:
Grundsätzlich ist eine nachträgliche Innendämmung sowohl unter bautechnischen als auch unter bauphysikalischen Aspekten anspruchsvoller als eine Außendämmung. Die Berechnungen mit dem Programm COND (18) zur hygrothermischen Beurteilung von Baukonstruktionen bestätigen, dass der bestehende Wandaufbau sowohl die Anforderungen der DIN 4108-2 zum Wärmedurchlasswiderstand als auch die Anforderungen der DIN 4108-3 zur Wasseraufnahmefähigkeit nicht erfüllt. Der Wärmedurchgangskoeffizient der Konstruktion (U-Wert) liegt derzeit bei ca. 2,189 W/(m2K) - nach EnEV 2009 wird im Rahmen der Sanierung/Modernisierung und somit Nutzung der Räumlichkeiten ein U-Wert von 0,35 W/(m2K) angestrebt. Aus diesem Grund wurden verschiedene Systeme unter dem Gesichtspunkt der Bauökologie, Substanzverträglichkeit, Diffusionsoffenheit und kapillaren Leitfähigkeit mit Hilfe des o.g. COND-Programmes simuliert und folgende Wandaufbauten vorgeschlagen.
Auf die vorhandene Wand werden im Abstand von ca. 60 cm senkrechte, trockene, nicht imprägnierte Latten in
der Stärke der gewählten Dämmschicht angebracht. Abschnittsweise werden jeweils 2 bis 3 horizontale Lagen
sägeraue Sparschalung unter Einfügen einer losen Dachlattenzwischenlage auf die Grundlattung geschraubt. Nach
dem Vornässen trockener Wandbereiche wird der Wärmedämmlehm eingeschüttet und mit Hilfe eines Stampfholzes
hohlraumfrei verdichtet. Die lose eingelegten Dachlatten nimmt man wieder heraus und verwendet sie im
weiteren Baufortschritt jeweils als Abstandshalter. Wärmedämmlehm hat eine relativ lange Austrocknungszeit.
Deshalb sollten die Räume während der Trocknungsphase möglichst mehrere Stunden täglich gut durchlüftet
werden! Nach der Trocknungszeit von ca. 5 Wochen können die Schilfrohrmatten als Putzträger aufgebracht
werden. Wenn das Material eine hellgraue Farbe annimmt und auf Druck nicht mehr federnd nachgibt, können
die Innenputzarbeiten erfolgen. Der Lehminnenputz wird zweilagig in einer Dicke von 25 cm aufgebracht. Ein
weiteres gutes Durchlüften der Räume ist dringend erforderlich. Als Beschichtung für den Lehminnenputz
eignet sich ein Kalk-Kasein-Anstrich.
Mit einer berechneten 6 bis 8 cm dicken Cellco-Lehmschale verbessert sich der Wärmedurchgangskoeffizient
(U-Wert) an den Natursteinwänden von derzeit 2,189 W/(m2K) auf 0,527 W/(m2K), bei den
mit Ziegelstein
ausgemauerten Fachwerkwänden von derzeit 1,301 W/(m2K) auf 0,499 W/(m2K).
Die für die Dämmung der Fachwerkwände im Markt 3 eingesetzte Holzfaserdämmplatte ist ein putzfähiges
Dämmelement auf der Basis einer speziellen Holzfaser aus Nadelholz in Form von Schwarten, Spreißeln und
Hackschnitzeln ohne Zusatz fremder Bindemittel. Die Platte besteht meist aus drei Schichten unterschiedlicher
Dichte, die mit PVAC-Weißleim miteinander verklebt sind. Die Platten sind diffusionsoffen, kapillaraktiv,
schalldämmend und flexibel innen und außen einsetzbar (20).
Zur Herstellung einer planebenen Untergrundfläche ist in der Regel ein Putzausgleich sowohl in den Gefachen
als auch über die gesamte Wandfläche hinweg notwendig. Vorhandene Lehmputze sollten auf eine ausreichende
Festigkeit geprüft werden, ggf. ist eine materialkonforme Reparatur oder Ergänzung notwendig. Die
Holzfaserdämmplatten werden vollflächig mit Lehm oder einem systemkonformen Trockenmörtel eingeschlämmt,
wobei Lufteinschlüsse zu vermeiden sind. Die Elemente werden im Nut- und Federsystem verlegt und zusätzlich
mit Tellerdübeln, ca. 5 bis 6 Stk/qm befestigt. Zur Ausbildung der Fensterleibung verwendet man eine
selbstklebende Putzanschlussleiste mit Dichtband, Gewebe und Abrisskante. Bei der Verwendung der
Unger-Diffutherm-Dämmplatten wird auf die Dämmschicht eine spezielle Spachtelmasse, der sogenannte
"Multigrund" als dampfdiffusionsstabilisierende Schicht vollflächig und mit Gewebeeinbettung aufgebracht.
Bei der Verwendung von Pavadentro-Platten des Herstellers Pavatex ist dies nicht notwendig, da bereits im
Herstellungsprozess zwischen den Lagen einer Platte eine solche dampfregulierende Schicht eingebracht ist.
Abschließend erfolgt der zweilagige Lehmverputz. Hierbei ist das Einputzen eines Armierungsgewebes
empfehlenswert. Mit einer 6 cm dicken Holzfaserdämmplatte verbessert sich der U-Wert bei den mit Ziegelsteinen
ausgemauerten Fachwerkwänden von derzeit 1,301 W/(m2K) auf 0,429 W/(m2K).
Die oberste Geschossdecke, wie sie sich gegenwärtig z.B. über dem Wohnraum im 1. OG mit einer unterseitig
mit Lehm verputzten Holzbalkendecke, eingeschobenen Lehmwickeln, Lehmschüttung und einem oberseitigen
Gipsestrich darstellt, erfüllt die Anforderungen an den Wärmedurchlasswiderstand nach DIN nicht. Zur
Verbesserung des Wärmeschutzes empfiehlt sich eine Dämmung mit 160 mm Holzfaserdämmplatten und einem
begehbaren OSB-Belag. Der U-Wert würde sich dadurch von 0,587 auf 0,227 W/(m2K) verbessern.