1. Objektbeschreibung
Lage: Die Schützenstraße verbindet den Sonnenklee mit dem Markplatz. Die Nummer 13 befindet sich am Eingang des Marktplatzes und schließt mit seinem Nordgiebel an das heutige Rathaus der Stadt an. Beschreibung: Es ist ein traufständiger Baukörper. Die Vorderfront des Hauses entspricht dem Verlauf der Straße, d.h. etwa elf Meter der Fassade nach Süden richten sich entlang der Schützenstraße aus, zirka vier Meter "blicken" in die Tralle und weitere 23 Meter verlaufen nach Norden in Richtung Marktplatz. Zwei aufgehende Stockwerke und ein hohes Satteldach mit sechs kleinen Giebelgauben, gleichmäßig auf der Dachfläche der Straßenfront verteilt, bilden die Kubatur des Hauses. Im südlichen Unterstock befindet sich eine Toreinfahrt mit Preußischer Kappendecke. Fassaden und Fronten: Das Fachwerkhaus Schützenstraße 13 wurde in Stockwerksbauweise (2) errichtet. Eine Vorkragung des Oberstocks und Dachgeschosses war in jener Zeit nicht mehr üblich. Die rhythmische Ständerstellung mit überwiegend schmalen Wand- und breiten Fensterfeldern, zwei Riegellagen je Stockwerk sowie geschosshohe Andreaskreuze prägen das symmetrisch wirkende Erscheinungsbild der Straßenfront. Die Dachkonstruktion des Hauses ist auf einem Kniestock (3) aufgelegt. Dieser wurde in Fachwerkbauweise - ähnlich der Gestaltung der Stockwerke - errichtet. Schmückende Elemente, wie an den Fachwerkhäusern des 16. und 17. Jahrhunderts, hat das Deutsche Haus nicht aufzuweisen. Hier übernimmt die Fachwerkkonstruktion der Stockwerke und des Kniestocks die Gestaltung. Weitere Gestaltungselemente sind die mit Karniesbögen profilierten Bohlen im Bereich der Deckenbalkenzonen, welche eine optische Gliederung der drei Meter hohen Stockwerke bewirken. Entlang der Rückfront sind der Unterstock und der nördliche Bereich des Oberstocks heute massiv als Ziegelsteinmauerwerk ausgebildet. Als Fachwerkwand mit rhythmischer Ständerstellung mit schmalen Wand- und breiten Fensterfeldern, zwei Riegellagen und geschosshohen Andreaskreuzen ist der bauzeitlich erhaltene Oberstock ausgebildet. Die Giebel wurden massiv errichtet.Abb. 4 Terrazzobodenbelag mit eingebettetem stilistischen Ornament aus Mosaiksteinen in der Flurzone (DFZ Qlb.)
Abb. 9 Östliche Stuhlsäule mit:Abbundzeichen V I> (6) und möglicher Signatur des Zimmermanns (AK) (DFZ Qlb.)
2. Abriss der Baugeschichte
Am 12. Januar 1884 (ein Samstag) brach nachts auf der Westseite der Schützenstraße (heute Nr.11/12) und am Haus Nr. 419
(heute Markt 12) ein Feuer aus, das sich aufgrund der stürmischen Nacht schnell ausbreitete. Betroffen waren 32
Grundstücke zwischen der Schützenstraße im Westen und Ecke Tralle / Rosmarienstraße im Osten (10),
so auch das aus dem 16.
Jahrhundert stammende Haus Schützenstraße 13. Bereits nach zwei Monaten begann der Wiederaufbau. Im Frühjahr 1884
entstand der erste Neubau in der Rosmarienstraße 3 als zweistöckiger Fachwerkbau mit Kniestock, mit Gefachen aus
Ziegelsteinen sowie Andreaskreuze als Schmuckelemente. Diese Bauweise prägte das Bild in diesem Stadtteil von
Osterwieck (11), vgl. Am Markt 10, Schützenstraße 10 und auch die Schützenstraße 13.
Die Schützenstraße 13 wurde 1885/86 neu als zweistöckiger Fachwerkbau errichtet mit einem angrenzenden Seitenflügel zur
Unterbringung von Pferden und Kutschen.
Bereits im April 1886 stellte der Hotelbesitzer E. Lange einen Bauantrag zum Umbau des Ladens im Haus. Dabei sollten
die nebeneinander liegenden Fenster auseinandergerückt werden und dazwischen eine Tür eingesetzt werden, so dass ein
direkter Zugang von der Straße möglich war. Außerdem sollten die Brüstungen der beiden Fenster von 1.20 m über Gehweg
um 70 cm nach unten verschoben werden. Eine im derzeitigen Laden befindliche Mauer wollte Lange entfernen und dafür
einen eisernen Träger (Unterzug), mittig auf einer Säule ruhend, einziehen. Der Umbau wurde im Mai 1886 nach der für
die Stadt Osterwieck geltenden Bau-Polizei-Ordnung unter folgenden besonderen Bedingungen genehmigt: [... 1. Bei dem Bau
müssen die Wände und Decken vorsichtig abgestützt werden. 2. Zu dem Träger und der Säule sind die nötigen in der
Berechnung nachgewiesenen Stärken zu verwenden. 3. Die Säule ist gehörig zu fundamentieren und den technischen Regeln
entsprechend aufzustellen. 4. Der Trittstein darf nur 10 cm über die Front des Hauses hinausstehen. ...] (12)
Eine Zeichnung (13) zu einem
Bauantrag, vermutlich Anfang des 20. Jahrhunderts gestellt (14), zeigt den Rückbau der
Ladenräume an und die Umnutzung zu Gasträumen mit Lager und Umkleideraum. Die südlich des Eingangs gelegene Gaststube
wurde als Raum für die Schulspeisung eingerichtet und das angrenzende Billardzimmer zu Toilettenräumen umgebaut.
In den 1920er und 1930er Jahren wurde das "Deutsche Haus" als Saalkino "Deutsches Lichtspielhaus" mit 300 bis 350
Plätzen genutzt: 1924 bis 1929 betrieb Heinrich Dürschner als Inhaber das Kinos, 1930 Frau Pawelski und von 1931 bis
1934 Adolf Ripke (15).
Abb. 13 Blick in die Schützenstraße, rechts das Deutsche Haus; Postkarte von 1910 (Aus der Postkartensammlung von G. Foehe und H. Siebert "Alte Postkarten von Osterwieck" - Nachdrucke)