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Abb. 1 Aktuelle Ansicht (Rosi Radecke)
Inschrift:
Pax OPTIMA RERUM DOROTHEA DIESTELS 162 (="Frieden ist das Beste der Güter", DOROTHEA DIESTELS - 1620)
Lage:
Das Haus Am Markt 3 befindet sich unmittelbar am Marktplatz.

1. Abriss der Baugeschichte /Raumstruktur

Das zweistöckige Gebäude in Fachwerkbauweise wurde auf dem Schwellholz des 1. Oberstocks unter Einbeziehung eines Vorgängerbaus von 1512(d) errichtet und 1613(d) laut Inschrift 1620 umfassend umgebaut (1).

Beschreibung:

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Abb. 2 Inschrift auf der Stockschwelle (Deutsches Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V. - DFZ Qlb.)
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Abb. 3 Inschrift auf der Stockschwelle (Deutsches Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V. - DFZ Qlb.)
Der Bau erscheint als giebelständiger, eigenständiger an das Vorderhaus angefügter Fachwerkkonstruktion, dessen traufständige Fassade nach Osten ausgerichtet ist. Der Baukörper umfasst mit rechteckigem Grundriss 9.40 m x 10.90 m. Das Gebäude ist vollständig mit einem massiven, tonnenüberwölbten Keller unterkellert.
Fassaden und Fronten: Für das Fachwerkgerüst der Bauzeit 1512 wurden überwiegend Eichenhölzer verwendet, teilweise mit Waldkante. Die Ausfachungen der Ostfassade, und des Nordgiebels sowie die Mittellängswand bestehen aus Stakenhölzern mit Strohlehmputz.
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Abb. 4 Ostfassade mit Baualterskartierung (DFZ Qlb.)
Fassade, Rückfront und die Giebel sind in Stockwerksbauweise über einem umlaufenden Kalksteinsockel errichtet worden. Der Fußboden des Unterstocks liegt etwa 0,80 m über dem Geländeniveau. Die Errichtung der Stockwerke erfolgte in Fachwerkbauweise, doch die westliche und abschnittsweise die südliche Abschlusswand im Unterstock sind massiv gemauert.

Die Fassade von 1512

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Abb. 5 Teilansicht der Ostfassade, Unterstock (DFZ Qlb.)
Der Unterstock und das obere Stockwerk der Fassade sind 6 Gefache breit, am Nordgiebel in 7 Gefache. Die Ständer der Außenwände laufen vom umlaufenden Schwell bis zum Rähm durch. Für die Fassade und den Giebel von 1512 ist die Ständerstellung in gleichmäßig breiten Gebinden kennzeichnend. Die Ständer stehen axial unter den Decken- beziehungsweise Stichbalken. Ein vorgeblatteter durchgehender Brüstungsriegel gliederte den Unterstock und Oberstock in der Höhe in jeweils zwei Felder. Unterhalb des Rähms im 1. Oberstock zapfen profilierte Knaggen in die Ständer, Stichbalken und auskragende Deckenbalkenköpfe. Die Deckenbalken spannen hier von West nach Ost. Birnstabförmig profilierte Knaggen und die mit Kehle und Wulst profilierten Deckenbalken sind die Schmuckelemente der Ostfassade und des Nordgiebels.
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Abb. 6 Ansicht des Nordgiebels mit Knaggen (DFZ Qlb.)
Die Westseite wurde im Unterstock massiv ausgeführt. Den Oberstock gliedern zweitverwendete Ständer und Riegel mit massiver Gefachfüllung aus Bruchstein die Front. Dendrochronologisch konnten die zweitverwendeten Hölzer auf das Jahr 1446/47 datiert werden (2).
Der an das Vorderhaus anstoßende südliche Giebel des Gebäudes ist lediglich im Westtteil noch erhalten. Die Türöffnung wurde nachträglich verändert. Der südliche Gebäudeabschluss verlief entsprechend des Kellerfundamentes leicht schräg nach Ost und wurde als Fachwerkkonstruktion im Unterstock im Rahmen einer jüngerer Umbaumaßnahmen ausgeführt. Eine eigene Abschlusswand nach Süden besteht im 1. Oberstock nicht. Der Bau stößt hier an die 1780 errichtete Fachwerkwand des Vorderhauses.

Der Umbau 1620

Die Eigentümerin Dorothea Diestel veranlasste 1620 einen Umbau, der insbesondere an der Ostfassade und dem Nordgiebel erkennbar ist.
Unter Einbeziehung von drei bauzeitlichen Ständern im Oberstock sowie einiger Deckenbalken im Unter- und Oberstock, wurden neue Fachwerkgebinde eingefügt. Für die Umbauphase kamen Nadelhölzer zur Anwendung. Diese sind gekennzeichnet durch Schwelle, Ständer, Rähm und Riegel, die in gleicher Höhe wie der bauzeitlich durchgehende Brüstungsriegel verlaufend. Das Gefachfeld gliedern Fußstreben, die paarweise in Ständer und Stockschwelle zapfen.
Im 18. und 19. Jahrhundert wurde der südliche Bereich des Unterstocks unter Wiederverwendung der Ständer von 1620 für den Einbau größerer Fensteröffnungen verändert, indem die ursprünglich unter den 1620 eingezogenen Deckenbalken stehenden Ständer verschoben wurden.
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Abb. 7 Detail Ostfassade (DFZ Qlb.)

Konstruktion im Inneren:

Unterhalb des Gebäudes erstreckt sich bis zum südlich angrenzenden Vorderhaus ein bauzeitlicher Keller dessen Umfassungswände und die Mittellängswand aus Kalkstein in Kalkmörtel bestehen. Die zwei Kellerräume schließen mit einem Tonnengewölbe. Der Durchgang in der Mittellängswand zwischen den beiden Kellerräumen wurde nachträglich eingebrochen. Die bauzeitlichen Eingänge zum Keller befinden sich in der südlichen Schildwand, der westliche besitzt einen segmentbogenförmigen Sturz. Dieser Eingang wurde nachträglich geschlossen und in die Nischenrückwand ein kleines Fenster eingebaut. Der östliche Eingang mit noch erhaltenen nördlichen Gewänden wurde nachträglich vergrößert.
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Abb. 8 Tonnenüberwölbter Keller, nördliche Schildwand (DFZ Qlb.)

Unterstock; der Bau von 1512

Durch eine mittig verlaufende Längswand (Gebinde 5) von Giebel zu Giebel wurde vermutlich der mittelalterliche Unterstock von 1512 (d) in zwei Schiffe gegliedert, entsprechend dem Verlauf der mittigen Kellerwand. Bauliche Befunde lassen sich hierfür nicht mehr nachweisen. Der Nordgiebel wurde 1620 im Unterstock und der an das Vorderhaus angrenzende Südgiebel im 18. Jahrhundert stark verändert.
Eine Querwand im westlichen Gebäudeabschnitt kann vermutlich noch dem Vorgängerbau zugewiesen werden. Ein dort noch original stehender Wandständer aus Eiche mit einem Querschnitt von 0,24x0,24 m und Fassungsresten zapft in den bauzeitlichen Deckenbalken.
Die Deckenbalken spannen von West nach Ost. Sie lagern auf der westlichen massiven Außenwand, ursprünglich auf dem Mittellängsunterzug und dem Rähm der östlichen Traufseite. In den nördlichen Deckenbalken zapfen Stich- und Gratstichbalken, zur Giebelwand. Zur Aussteifung in Längs- und Querrichtung blatteten mit Holznagel gesicherte Kopfstreben in Ständer, Stich- und Gratstichbalken sowie Deckenbalken, deren Vorhandensein an den noch Blattsassen noch erkennbar ist. An der Außenfassade ist der Balkenüberstand durch gezapfte Knaggen stabilisiert. Die Deckenfelder sind mit auf den Deckenbalken lagernden Bohlen geschlossen.
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Abb. 9 Unterstock mit Baualterskartierung (DFZ Qlb.)
Im 17. und 19. Jahrhundert wurden die Räume durch gerüstunabhängige Trennwände in Quer- und Längsrichtung verändert. Eine umfassende Rekonstruktion der älteren Raumteilungen ist aufgrund der verputzten Wände derzeit nicht möglich.
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Abb. 10 Mittelalterliche Stichbalken mit Blattsasse (DFZ Qlb.)

Umbaumaßnahmen im 17. Jahrhundert

1612/13(d)/1620 erfolgten umfassende Veränderungen an dem Gebäude. Im Innern wurden unter den aus der Bauzeit stammenden Deckenbalken zwei Längswände eingebaut, die den Unterstock in drei Schiffe teilt. Die östliche Längswand steht mit der Fachwerkkonstruktion des Nordgiebels im Verband, die Ständer aus Nadelholz zapfen in Unterzug und Schwell, die Gefache füllen Stakenhölzer mit Strohlehmputz. Der Achsabstand zwischen Traufwänden und Längsrahmen beträgt ca. 5,12, 2,90 bzw. 3,10 m (von West nach Ost) im Unterstock, zwischen den Querrahmen vom Giebel aus 2,90 m bzw. zur nächst folgenden Bundwand 2,30 m.
Die westliche Längswand mit gleichem konstruktivem Aufbau zeigt ein barockes innenliegendes Fenster und eine barocke Türöffnung mit Blendrahmen. Die Verzierungen des Blendrahmens, Beschlagwerk imitierend und der obere Abschluss des Bekrönungsgesimses mit Klötzchenfries erlauben eine Einordnung dieser Baumaßnahme in die 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts.
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Abb. 11 Historische Tür und historisches Fenster (DFZ Qlb.)
In Querrichtung unterteilten den Unterstock im östlichen Abschnitt zwei Bundwände, die nördliche mit der Mittellängswand im Verbund stehend. Die Bundwand, nur noch in zwei Gebinden erhalten, zeigt einen bauzeitliche Türdurchgang zu dem südlich angrenzenden Raum. Die südliche Bundwand wurde später, vermutlich im 18. Jahrhundert errichtet. Ein Zapfenloch verweist hier auf eine ursprünglich ebenfalls im Verbund errichtete Fachwerkwand von 1620.Abb. 10 Türdurchgang im Unterstock Die jüngere Bundwand wurde teilweise massiv errichtet. Oberhalb des Bruchsteinmauerwerks liegt ein Querbalken, in den kleine Ständer einzapfen. Die Bundwand steht hier nicht mit der Außenwand in Verbund.
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Abb. 12 Oberstock mit Baualterskartierung (DFZ Qlb.)

Oberstock - Der Bau von 1512

Den 1. Oberstock teilte bauzeitlich eine Mittellängswand in zwei Schiffe. An den Nordgiebel angrenzend ist ein Gebinde der bauzeitlichen mittleren Wand erhalten. Der Riegel, der in gleicher Höhe wie die Riegelkette am Nordgiebel verläuft und in den Außenwandständer Gebinde 3 eingezapft ist, spannt 1,57 m bis zum nächsten bauzeitlichen Ständer. An das bauzeitliche Gefach grenzt eine Türöffnung. Den Oberstock steiften in Längs- und Querrichtung Kopfstreben in Ständer, Stichbalken, Deckenbalken und Rähm der Mittellängswand aus, an der Außenwand ist auch hier wiederum der Balkenüberstand mit Knaggen dreiecksstabilisiert. Bauzeitliche, quer verlaufende Bundwände sind nicht mehr erkennbar.
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Abb. 13 Bauzeitliche Wand mit Türöffnung, Oberstock (DFZ Qlb.)
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Abb. 14 Nördlichen Innenwand, zeichnerische Darstellung (DFZ Qlb.)

Umbaumaßnahmen im 17. Jahrhundert

Im 17. Jahrhundert wurde vermutlich die Mittellängswand verändert und zusätzliche Unterzüge entlang der Westseite und raummittig eingezogen. Ein Türeingang führte im südlichen Bereich zu den an der Ostseite liegenden Zimmern. Im 18. Jahrhundert wurde in gleicher Achse wie im Unterstock im östlichen Gebäudeabschnitt eine Querwand eingezogen und im 19. Jahrhundert zwei Gebinde weiter nördlich eine weitere Wand, zeitlich verbunden mit dem Einbau eines Schornsteines und einer massiven Ziegelsteinwand.

Dachkonstruktion

Das Kehlbalkendach mit zweifach stehendem Stuhl besteht aus 8 Gespärren mit Achsabständen von ca. 1,45 m (Mittelwert). Es besitzt eine mittels Zapfenverbindung angeschlossene Kehlbalkenlage. Die Sparrenfüße sind in die Zerrbalken eingezapft, der Firstpunkt verbindet ein Scherzapfen.
Zwei dieser Gespärre sind als Vollgespärre (Gebindeachse 1 und 5) ausgebildet, deren Lage sich mit der Lage der westlichen Ständerreihe und der Längswände in den darunter liegenden Stockwerken deckt. Die Stuhlsäulen werden in Querrichtung durch Streben und einen Spannriegel ausgesteift. In Längsrichtung spannt das Rähm in den Achsen beider Vollgespärre bis zum nördlichen Giebel. Zusätzliche, in verschiedenen Höhen verlaufende Längsriegel und Kopfbänder zapfen zwischen den Stuhlsäulen ein. Ein Zwerchhaus mit Winde auf der östlichen Seite ermöglichte Lagergut vom Innenhof in den Dachraum zu befördern.
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Abb. 15 Systemskizze der Dachkonstruktion (DFZ Qlb.)
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Abb. 16 Detailzeichnung der Dachkonstruktion (DFZ Qlb.)

Abbundzeichensystem:

Um den einzelnen Hölzern während des Richtvorganges ihren richtigen Platz im Fachwerkskelett zuweisen zu können, wurden die Hölzer von den Zimmerleuten mit Zimmererzeichen, den sogenannten Abbundzeichen, gekennzeichnet. Der nördliche Eckständer der bauzeitlichen Konstruktion von 1512 (d) wurde von der östlichen Traufseite her erfasst. Die Ständer im Oberstock unmittelbar vor dem Vorderhaus entsprechen der Zerrbalkenlage im Dachwerk und sind mit zwei Beilhieben und sechs bzw. 7 Ausstichen markiert.
Auf gleicher Traufseite erfolgte die Kennzeichnung des Abbundes von 1620 ebenfalls gebindeweise von Nord nach Süd in römischen Ziffern. Die Kennzeichnung der Riegel und Fußstreben erfolgte entsprechend der Ständernummerierung. Die Sparren des Dachgeschosses erhielten auf der westlichen Seite Beilhiebe in Kombination mit Dreiecksausstichen auf der östlichen Seite römische Ziffern von eins bis acht ansteigend (Verlauf von Süd nach Nord).
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Abb. 17 Abbundzeichen VII am Sparren (DFZ Qlb.)