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Abb. 1 Sockelmauerwerk Ostfassade mit geschädigten Schwellhölzern

Schadensaufnahme und Sanierungsempfehlungen

In dem vom Bauherrn selbst genutzten Gebäude präsentieren sich starke Schäden an den stark verquollenen Einfachfenstern, die einer Restaurierung und möglichst einem Umbau zu Kastenfenstern bedürfen. Stärkere Schadstellen in der Dachkonstruktion waren bereits repariert. Die noch nicht genutzten Räume zeigen zusätzlich Anstrich und Putzschäden, aber auch starke Risse im Estrichboden Schäden an der Dielung. Mängelerscheinungen sind frühere Riss- und Putzreparaturen mit Zementmörteln, die wiederum zu Flankenabrissen führten.
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Abb. 2 Mazeration am Schwellholz der Nordfassade

Sockel:

Am Natursteinsockel am Objekt Hagen 45 ist aufsteigende Feuchtigkeit zu beobachten.
Teile des Sockelmauerwerkes wurden mit einem Zementputz überdeckt, welcher rissig ist und wieder abbröckelt. Da Zement ein sehr starrer Baustoff ist, der darüber hinaus absperrend wirkt, kann die aufsteigende Feuchtigkeit, aber auch durch die Risse eindringende Feuchtigkeit nicht nach außen abtrocknen, sondern steigt weiter aufwärts in die aufliegenden Schwellhölzer.
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Abb. 3 Holzmehl als Zeichen für aktiven tierischen Befall Schwellholz der Nordfassade
Die Zementputze und Fugenmörtel sollten wieder abgenommen werden, um ein Abtrocknen der Feuchtigkeit nach zu gewährleisten. Das Fugenmaterial sollte aus Kalkmörtel bestehen. Weiterhin ist das Einlegen einer waagerechten Mauersperrbahn unter der obersten Steinlage empfehlenswert.
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Abb. 4 Würfelbruch an der Unterseite des Schwells an der Südfassade

Fachwerkkonstruktion:

Schäden am Fachwerk zeigen sich gegenwärtig hauptsächlich an den auf dem Natursteinmauerwerk direkt aufliegenden Schwellhölzern. Durch aufsteigende Feuchtigkeit, eine fehlende horizontale Abdichtung und Salze sind die Schwellen durch Mazeration und tierischen Befall geschädigt.
Aus diesem Grund wurde der Holzschutzsachverständige Herr Roland Becker, ö.b.u.v. Sachverständiger der HWK Magdeburg zur Begutachtung hinzugezogen
Bei der Reparatur oder dem Austausch historischer Konstruktionsteile sollten traditioneller Zimmermannsverbindungen, wie z.B. Schlitz-Zapfenverbindungen, Verblattungen oder Verkämmungen angewendet werden.
Geschädigte Deckenbalken der obersten Geschossdecke wurden schon bei früheren Reparaturmaßnahmen (ab 1921) (1) ausgetauscht und als Deckenfüllung die ursprünglichen Lehmwickel gegen eine Rauhspundfüllung mit Strohlehm ersetzt (2). Im Rahmen weiterer Reparaturen der obersten Geschossdecke ab 2006 ist auch eine zweilagige Dämmung aus jeweils 8 cm dicken Hanfmatten aufgebracht worden.
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Abb. 5 Reparatur der obersten Geschossdecke, Innenansicht
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Abb. 6 Neue oberste Geschossdecke im Flur 2. OG mit Rauspundfüllung

Gefache:

Schadhafte Lehmputze in den Gefachen am Objekt Hagen 45 sind insbesondere an der Ostfassade mit einem Zementputz ergänzt bzw. vollständig mit einem Zementputz überputzt worden. Teilweise wurden die Fugen zwischen den Fachwerkhölzern, z.B. an Ständer-Riegel-Verbindungen mit Zement ausgefüllt. Hier zeigen sich neben Spannungsrissen im Gefachfeld auch Flankenabrisse am Übergang zu den Holzbauteilen. In zwei Gefachen der Südfassade sind stärkere Risse sowie das schollenartige Abplatzen des Zementputzes festzustellen.
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Abb. 7 Ausschnitt Ostfassade mit rissigen, abblätternden Anstrichen und Putzreparaturen der Gefache aus Zement
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Abb. 8 Reparatur der obersten Geschossdecke, Untersicht außen
Ratsam ist hier ein vollständiger Rückbau der Zementputze und ein fachgerechter Aufbau des Gefachputzes, z.B. mit einem Lehmunterputz, einem Kalkoberputz und einem Kalk-Kaseinanstrich für mineralische Untergründe. Dabei ist zu beachten, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden Haftung von Kalkputzen auf Lehmuntergründen mechanische Verkrallungen, wie z.B. Kammriefen oder chemische Haftbrücken vorgesehen werden müssen (3) Um die sich von den Ausfachungsmaterialien auch auf den Putz übertragenden Spannungen zu kompensieren, sollten die Gefacheputze in ausreichendem Maße elastisch sein und zusätzlich eindringende Feuchtigkeit aufnehmen.
Der Oberputz sollte stets eine gleichmäßige Putzdicke haben (4). Keinesfalls dürfen die Balken teilweise eingeputzt werden, da Wasser direkt in die Fuge zwischen Holz und Putz geleitet und zu Fäulnis führen würde.
Bei mehrlagigen Putzen ist umlaufend schon entlang der Unterputzlage zum angrenzenden Fachwerkholz ein sauberer Trennschnitt mit Hilfe der Kelle oder besser mit einer dünnen Klinge in voller Tiefe auszuführen. Für Putzausbesserungen in den Gefachen ist artgleicher Mörtel wie beim Bestand zu verwenden (5).
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Abb. 9 Ausschnitt Südfassade mit Rissen und Putzausbrüchen in den Gefachen
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Abb. 10 Gerissener Estrichboden in der Eingangsdiele
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Abb. 11 Verworfene, z.T. gerissene Dielung im 1. OG

Anstriche:

Die Anstriche auf den Lehmputzen in den Gefachen sind an allen Fassaden großflächig ausgewaschen bzw. blättern ab. Die Zementputze besitzen keinen Anstrich.
Bei einem Neuanstrich sollte auf Farbsysteme mit Kunstharzdispersionen oder Acrylaten verzichtet werden. Traditionelle, naturbasierte Rezepturen sind geeignet für einen dauerhaft offenporigen Anstrich von Fachwerkhölzern und Holzbekleidungen. Für den Anstrich von Kalkputzen eignen sich Kalk- bzw. Kalk-Kaseinfarben, für die Beschichtung von neuen Kalkputzen alternativ auch reine Silikat(Mineral-)farben (6).
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Abb. 12 Provisorische Leitungsführung ohne fachgerechten Verschluss des Deckendurchbruchs

Innenräume Fußböden:

Die Fußböden in den Wohnräumen sind mit einer Dielung ausgestattet, in Wirtschaftsräumen, wie Waschküche, Diele im Erdgeschoss, Flure, ehemaliges Bad und Abstellraum im 1. OG sind Estrichböden zu finden. Aufgrund fehlender oder mangelhafter Abdichtungsmaßnahmen zeigt sich in der Eingangsdiele aufsteigende Feuchtigkeit an den Fußpunkten der Wände. Die Estrichböden sind stark rissig und weisen Oberflächenschäden auf.
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Abb. 13 Putzrisse im Brüstungsbereich Waschküche/WC im EG
Der Estrichboden im Erdgeschoss sollte einen fachgerechten Unterbau erhalten. Hier könnte wie am Beispiel Rössingstraße 5 (Bunter Hof) beschrieben, nach der Auskofferung des Erdreiches eine Dämmung mit Schaumglasschotter erfolgen. Auf einen 6 cm dicken Faserbetonschicht können dann die vorab gesicherten Estrichplatten neu verlegt und ergänzt werden. Bei starker Schollenbildung des gerissenen Estrichs in den Obergeschossen sollte ebenfalls der Unterbau des Estrichs geprüft und ggf. erneuert werden.
Die Dielung im kaum genutzten 1. OG ist stark ausgetreten, z.T. haben sich die Dielenbretter verworfen oder sind gebrochen. In allen Geschossen fällt der Fußboden in Süd-Nord-Richtung ab.
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Abb. 14 Putzrisse hinter der Tapete an Nord-Ost-Ecke, Raum 2.3 im 2. OG
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Abb. 15 Schäden an den Einfachfenstern im Wohnraum 2. OG und von außen im EG

Innenräume Wände und Decken:

Die Wände und Decken im Hagen 45 sind mit Lehm- und Kalkputzen versehen und mit Kalkfarben bzw. Tapeten bekleidet. Die Sockelbereiche in Wirtschaftsräumen weisen z.T. auch Ölfarbanstriche auf. Besonders in den noch nicht sanierten und derzeit nicht zu Wohnzwecken genutzten Räumen sind Schäden in Form von Putzrissen, mangelhaften früheren Putzreparaturen oder Schäden in der Decke durch eine nur provisorisch ausgeführte Leitungsführung zu erkennen.
Grundsätzlich sollte zur Ausbesserung der vorhandenen Innenputze nur artgleicher Putz verwendet werden. Deshalb ist es ratsam, nachträgliche Putzausbesserungen aus Gips-, Kalk-Zement- oder Zementputz zu entfernen und durch die hier im Bestand verwendeten Lehm- bzw. Kalkputze zu ergänzen. Dies gilt ebenso für die Reparatur des Deckenverputzes.
In der Ecke zwischen Ostfassade und den einbindenden Innenwänden treten unter der Tapete Putzrisse auf, die statische Ursachen zumindest an einer Gebäudeecke vermuten lassen. Eine Beobachtung zur Abklärung, ob sich das Gebäude jetzt im Ruhezustand befindet oder sich die Risseweiter verstärken bzw. die Beratung mit einem Statiker zu den Ursachen und der weiteren Verfahrensweise sind ratsam.
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Abb. 16 Dämmung der obersten Geschossdecke mit Hanfmatten und einem Rauspund als Trittbelag

Innenräume Fenster:

Auffällig sind die beträchtlichen Schäden an den Einfachfenstern. Die unteren Rahmenhölzer und äußeren Wetterschenkel sind stark feuchtegeschädigt. Die Flügel sind meist verzogen bzw. aufgequollen, so dass sie teilweise nicht mehr vollständig geschlossen werden können. Der Anstrich innen wie außen ist rissig und blättert großflächig ab. Die Beschläge rosten. Eine dringende Reparatur, Aufarbeitung und eine - im Konsens mit geplanten Innendämm-Maßnahmen - Ergänzung zu Kastenfenstern ist geboten.

Dämmung oberste Geschossdecke und Außenwände:

Der Wärmeverlust durch die einfachen Fachwerkwände ohne Dämmung, durch die Einfachfenster an sich, aber auch durch deren Undichtigkeit ist enorm.
Entsprechend der Berechnungen nach COND wird für die nachträgliche Innendämmung der Außenwände eine Variante mit Holzfaserdämmplatten empfohlen. Die mehrlagigen, putzfähigen Holzfaserdämmplatten schwemmt man vollflächig mit Lehmmörtel ein und drückt sie, ohne dass ein Kreuzfugenbild entsteht, fest an die schadfreie Wandoberfläche. Die Befestigung erfolgt ausschließlich im Dübelverfahren, wobei 5-6 Tellerdübel je qm vorzusehen sind. Abschließend wird ein zweilagiger Lehmputz mit Gewebeeinlage aufgetragen, der einen Kalk-Kaseinanstrich erhält.
Die auf der obersten Geschossdecke aufgebrachte zweilagige Dämmung aus jeweils 8 cm dicken Hanfmatten, erbrachte eine Verbesserung des Wärmedurchgangskoeffizienten von U = 1,57 auf U = 0,21 W / m2 K (7).
Da der Bauherr das Gebäude abschnittsweise repariert, restauriert und modernisiert, kann hinsichtlich der einzelnen Sanierungsschritte eine intensive Betreuung in Form von Wärmeschutzberechnungen für Wände und Fußböden, Beratungen vor Ort, bei denen spezielle Detaillösungen erörtert werden bis hin zum Zeichnen von Detailanschlüssen für Wand- und Bodenbereiche erfolgen. Für das Nebengebäude beispielsweise ist ein Konzept zur Ausführung eines neuen Fußbodenaufbaus mit integrierter Fußbodenheizung und Wanddämmung erarbeitet worden.
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Abb. 10 Gerissener Estrichboden in der Eingangsdiele

Abbildungen:

Titelbild: R. Fink, Osterwieck
Abb. 01 - 17: DFZ Qlb. (Entwürfe: B. Stöckicht; gezeichnet: C. Luthardt)