Baujahr: um 1569
Inschrift: In Laude Et signu perpetuae gratitudinis erga deu eiusque ecclesia. Inclytus senatus Osterwieck me extrui curavit. Hans
Borneman (1)
Zum Lobe und Zeichen ewiger Dankbarkeit gegen Gott und seine Kirche hat mich der ehrwürdige Rat von Osterwieck durch Hans Borne
errichten lassen.
1912 lebten laut Adressregister von Osterwieck Alwine und Uwe Wust, Adolf Hildebrand, Händler; W. Seidenberg, Weißgerber; Karl
Lindau, Arbeiter und Wilhelm Plättner in dem ehemaligen Diakonat.
1926 wohnten in dem Bau Adolf Hildebrandt, Händler von Beruf, Winzent Kessy, Arbeiter, Anton Wodarik, Arbeiter und das Ehepaar
Auguste und Karl Simon, letzterer Arbeiter.
Lage: Der Straßenzug "Hagen" gehört vermutlich zu den ältesten Straßenzügen der Stadt und (2) beginnt östlich des Marktplatzes. Das
Haus Nr. 45 befindet sich in der Mitte des Straßenzuges. Das Grundstück grenzt im Süden an den Mühlengraben. Eine mögliche
Erläuterung des Straßennamens Hagen, aus dem Niederdeutschen, ist die Bezeichnung der Einfriedung eines Stadtareals, eines Hofes,
einer Hofstelle oder auch eines Weilers durch eine Hecke (3).
Abb. 2 Ansichtsplan der Nordfassade (Deutsches Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V., Ursprung von Ubisch)
Der zweistöckige Fachwerkbau wurde laut Inschrift auf den breiten Riegeln am Nordgiebel zwischen Unterstock und Zwischengeschoss
um 1569 als Diakonat errichtet. Die Pflichten eines Diakons, ein Amt innerhalb der Kirchengemeinde, umfassen unter anderem die
Haltung von Gottesdiensten und Verwaltungsaufgaben. Zudem sorgte sich der Diakon einer Gemeinde um die Armen, Bedürftigen und
Kranken (4)(5).
Abb. 4 Historische Zeichnung aus der Akte 23571 des Stadtarchivs Osterwieck
Der Bau ist giebelständig mit annähernd quadratischem Grundriss von 9,80 m x 10,50 m. Der südwestliche Gebäudeteil ist teilweise
unterkellert. In diesem Bereich verspringt das Fußbodenniveau des Unterstocks um 70 cm in der Höhe. Zwei Stockwerke mit einem
Zwischengeschoss und ein Satteldach bilden die Kubatur des ehemaligen Diakonats. Die Vorkragung des oberen Stockwerks wurde mit
ca. 15 cm umgesetzt.
Fassaden, Fronten und Giebel: Die Errichtung der Trauf-, Giebel- und inneren Trennwände erfolgte in Fachwerkbauweise. Ausnahme
bilden die massiven Trennwände zur ehemaligen Küche. Für das Fachwerkgerüst wurden überwiegend Eichenhölzer verwendet, teilweise
mit Waldkante. Die Ausfachung der Ost- und Westseite besteht aus Stakenhölzern mit Strohlehmputz, jüngere Ausfachungen erfolgten
mit Mauerziegeln.
Das Fachwerkhaus wurde im Unterstock in Geschossbauweise auf einen Kalksteinsockel errichtet. Spätere Veränderungen im 18.
Jahrhundert im Bereich des Nordgiebels führten zu einer teilweisen Aufmauerung des Sockels mit Mauerziegel.
Die Längsseiten des Unterstocks mit dem Zwischengeschoss und das obere Stockwerke sind 8 Gefache breit. Die Hochständer des
Unterstocks der Außenwände laufen vom umlaufenden Schwell bis zum Rähm über dem Zwischengeschoss durch. Für die Außenwände ist
die Ständerstellung in gleichmäßigen Gebindebreiten kennzeichnend. Zur Verlängerung der Schwellen und Rähme der Stockwerke und
des Dachgeschosses fand die Blattverbindung Anwendung.
Drei Riegellagen - eingezapft in die Ständer, die mittlere Reihe mit Holznägeln gesichert - gliedern den Unterstock mit dem
Zwischengeschoss in der Höhe. Im Bereich des Nordgiebels ist ein breiter Riegel, die Lage einer Schwelle imitierend, in Höhe
der Deckenbalken des Unterstocks angeordnet. Eine in die Ständer oberhalb der Schwellimitation eingenutete Brüstungsplattenreihe
betont das Zwischengeschoss. Die Deckenbalken spannen von West nach Ost und der mittlere Unterzug tritt an der Giebelfassade
hervor. In den Randgefachen steifen geschosshohe Streben in Längsrichtung den Unterstock aus, den Oberstock in Ständer und Rähm
gezapfte Kopfstreben.
Der Oberstock kragt an der Nordseite um etwa 15 cm - unterstützt mit Knaggen - vor und wurde in Stockwerksbauweise errichtet.
Die Ständer zapfen in Schwelle und Rähm. Durch eine Riegellage in der Höhe wird das Stockwerk in zwei Felder geteilt. Der Abbund
wiederholt sich im Dachgiebel.
Beschnitzte Schmuckelemente des Nordgiebels und der westlichen Traufwand im oberen Stockwerk sind die Brüstungsplatten, die
Füllhölzer, die Balkenköpfe und Deckenbalken, die Knaggen sowie die Stockschwellen des Oberstocks und Giebeldreiecks.
Fächerrosetten überziehen durchgehend alle Brüstungsplatte und Ständer. Die Stockschwellen sind mit Wellenband und Laubband,
an der West- und Ostseite mit Kehle und Rundstab beschnitzt, die Deckenbalken hingegen gefast. Die Füllhölzer sind mit Taustäben
verziert, die Knaggen mit Walzenprofilen. Ein weiteres Schmuckelement ist der breite Riegel, der optisch den Brüstungsbereich
des Zwischengeschosses betont.
Bauzeitlich lag der Eingang zum Diakonat annähernd mittig im Unterstock des Nordgiebels. Der rundbogige bauzeitliche Türeingang
zwischen Achse 5 und 6, erkennbar durch das in den Ständer geschnitzte Profilgewände mit Klötzchenfries, wurde bereits im 18.
Jahrhundert mit einem Fenster geschlossen.
Auffällig am Nordgiebel sind die sich nach außen öffnenden barocken Kreuzstockfenster und der außermittige nachträglich
verschobene Türeingang mit einer aufgedoppelten Tür mit Fischgrätenmuster. Die Lage der Fenster im Zwischengeschoss und im
Oberstock entsprechend der bauzeitlichen Anordnung.
Die östliche Längswand besitzt eine Breite von 7 Gefachen. Hier gliedern drei Riegelbahnen in der Höhe den Unterstock; im
Oberstock nur eine Riegelbahn. Die Anordnung der Ständer entlang der Traufseiten ist unmittelbar unter bzw. über den Deckenbalken.
Knaggen, in Deckenbalken und Ständer gezapft, sichern diese in ihrer Lage. Aussteifende Elemente bilden geschosshohe Streben
sowie Fußstreben, in Abständen von 1-2 Gebinden angeordnet. Der Südgiebel und die westliche Längswand wiederholen den Abbund
der östlichen Längswand, wobei der Oberstock der westlichen Längswand den gleichen Schmuck wie die Ostwand erhalten hat.
Konstruktion im Inneren:
Durch eine annähernd mittig verlaufende Querwand (Gebinde 5) von Traufe zu Traufe und einer unterhalb des bauzeitlichen,
nördlich noch erhaltenen Unterzuges (zw. Gebinde 2-3) (ehemalige Fachwerkwand) wird der Unterstock in drei Zonen und durch
eine längs verlaufende Wand in zwei Schiffe gegliedert. Eine weitere Raumteilung entstand nachträglich durch im 18. und 20.
Jahrhundert gerüstunabhängige Trennwände in Quer- und Längsrichtung. Eine Rekonstruktion der ursprünglichen Raumteilung ist
aufgrund der Umbauten und der verputzten Wände nur teilweise möglich.
Der ursprünglich mittige Eingang am Nordgiebel führte in eine große Diele und entlang der nördlichen Außenwand eine Treppe in
das Zwischengeschoss. Von der Diele erfolgt der Zugang zum Keller in der südöstlichen Haushälfte. Der vier Gebinde umfassende
bauzeitliche Kellerraum wird mit einer von Ost nach West spannenden Holzbalkendecke abgedeckt, die auf Mauerlatten und den
aus Bruchstein in Kalkmörtel gemauerten Umfassungsmauern aufliegen.
Über dem Keller lag eine über drei Stufen erreichbare beheizbare Stube, in dem westlich angrenzenden Raum die Küche. Eine
massive Bruchsteinwand, die auf dem westlichen Kellermauerwerk steht, trennt beide Räume. Auf der nördlichen Kellerwand
steht auf einem erhöhten Sockel die Mittelquerwand in Fachwerkbauweise, die im Küchenbereich massiv ausgeführt wurde. Der
rundbogige Eingang zur Küche ist in Bruchstein aufgemauert.
Die eichenen Ständer der Mittelquerwand wurden im Unterstock unabhängig der von Nord nach Süd spannenden Deckenbalkenlage
errichtet. Sie zapfen in ein Rähm. Der an die massive Küchenmauer angrenzende Wandständer (6), zapft geschossübergreifend in den von Nord nach Süd spannenden mittleren Unterzug des Zwischengeschosses.
Im nördlichen Abschnitt des Unterstocks (zwischen Gebinde 2/3) lag eine weitere quer verlaufende Wand unterhalb eines
Unterzuges. Von dieser Fachwerkwand ist noch ein Ständer mit Knagge nach Westen erhalten. Die Verbindung der eingezapften
Knagge ist mit einem Holznagel gesichert. Zapfenlöcher nach West und Nord verweisen auf einbindende Riegellagen.
Im Unterstock zapfen die bauzeitlichen, von Nord nach Süd in Längsrichtung spannenden Deckenbalken in die Hochständer der
Außenwände. Im Hausinnern liegen sie auf dem bauzeitlichen Unterzug und auf der massiven Mittelquerwand auf. Die Deckenfelder
sind mit auf den Deckenbalken lagernden Lehmwickel gefüllt.
Zwischengeschoss
Der bauzeitliche Längsunterzug teilt das Zwischengeschoss in zwei Schiffe, die den Flur rahmenden Querwände teilen es in
drei Zonen. Dadurch entstand ein schmaler Mittelgang und im Süden und Norden drei Deckenfelder breite Zimmer.
Der im Unterstock und im Zwischengeschoss durchgehende, eichene Ständer, Auflagerpunkt des mittleren Unterzuges sowie die
Wandfragmente unterhalb des Unterzuges gehören zur bauzeitlichen Konstruktion. Die Fachwerkwand besteht aus Ständern
und Riegeln mit Querschnitten von 17,5cm - 23 cm, die Ausfachung aus Stakenhölzern und Strohlehmputz. Die Einbindung
der Fachwerkwand in den Ständer der Außenfassade wurde beim Einbau einer Tür zurückgeschnitten, lediglich ein Zapfenloch
im Außenwandständer zeigt den alten Anschluss.
Die Ständer der von Ost nach West verlaufenden Flurwände im Zwischengeschoss, sind im Westteil in Schwellhölzer und
Deckenbalken gezapft. Das Gefachmaterial besteht auch hier aus Stakenhölzern mit Strohlehmputz. Die konstruktive Verbindung
mit den von Ost nach West spannenden Deckenbalken beweist eine bauzeitliche Einordnung der Wände. Die Deckenbalken lagern
auf dem in Hausmitte verlaufenden Unterzug und dem Rähm der Traufwände. In Querrichtung steifen hier zusätzlich in
Deckenbalken und Außenwandständer gezapfte Kopfstreben das Gefüge aus. Knaggen an den äußeren Längswänden sichern zusätzlich
den Balkenüberstand in seiner Lage.
Im Oberstock sind keine bauzeitlichen Trennwände nachweisbar. Unter dem von Nord nach Süd spannenden mittleren Unterzug
stehen vermutlich in Gebindeachse 3 und 5 noch bauzeitliche, lastabtragende Ständer. Vermutlich wurde dieses Stockwerk für
Lagerzwecke genutzt. Im Oberstock wiederholt sich die Spannrichtung der Deckenbalken des Unterstocks. In der Achse der
Längsrahmen zapft eine Kopfstrebe in Stichbalken und Außenständer, ebenso steifen in Deckenbalken und Ständer eingezapfte
Kopfstreben in Gebindeachse 5 in Querrichtung aus. Ein Zapfenloch für einen Riegel im westlichen Außenwandständer (Gebinde 5)
verweist auf den möglichen Standort einer bauzeitlichen Bundwand.
Umbaumaßnahmen im 18. Jahrhundert
Im 18. Jahrhundert erfolgte in der unteren Etage beim Einbau einer großen Stube mit zwei Fenstern und Läden zur Straße die
Schließung der bauzeitliche Eingangssituation. In der Achse der südlichen, den Raum begrenzenden Fachwerkwand wurde ein
Unterzug im neu entstandenen Flurbereich eingezogen. Er lagert an der östlichen Außenwand auf einem davorgestellten Ständer auf.
Die Verlagerung der bauzeitlichen Eingangssituation führte zur Veränderung der Treppe in das Zwischengeschoss. Heute führt
eine zweiläufige Treppe mit Podest zur oberen Etage (1. Hälfte 20. Jh.). Der veränderte Grundriss erforderte die Wegnahme
der Fachwerkwand unter dem nördlichen Unterzug und die Schließung des Deckenfeldes der Treppenöffnung entlang der nördlichen
Außenwand. Das neu eingefügte Deckenfeld wurde auf einem Streichbalken und einem Eckständer sowie der neu eingefügten
östlichen Trennwand zur Stube aufgelagert. Die Weiterführung und Schließung eines Teilstücks der ehemals massiv ausgeführten
Mittelquerwand, vermutlich in Zusammenhang mit dem Abbruch des großen Schornsteinschlotes im westlichen Bereich, erfolgte in
Fachwerk.
Abb. 10 Aktuelle Ansicht des Flures (Deutsches Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)
Abb. 11 Aktuelle Ansicht der Treppe (Deutsches Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)
Im östlichen Abschnitt der Flurtrennwände im Zwischengeschoss konnten Nadelholzständer freigelegt werden, die auf eine spätere
Errichtung dieser Wand schließen lassen. Die westliche, parallel zum Längsunterzug verlaufende Trennwand wurde ebenfalls
nachträglich unter die von West nach Ost spannenden Deckenbalken ausgeklinkt und angeblattet. Die Ständer zapfen in ein
Schwellholz, die Riegel, eingezapft in die Ständer, sichert ein Holznagel. Die Gefache füllen Stakenhölzer mit Strohlehmputz.
Der südliche Randständer steht vor der bauzeitlichen, südlichen Außenwand und wurde im Rähmbereich ausgeklinkt. Zwischen die
Ständer wurden Füllhölzer im Übergang zum Deckenfeld eingefügt. Vermutlich wurde die Wand im 18. Jahrhundert zeitgleich mit
dem Schornstein in der nordöstlichen Küchenecke, der bis zum Dachraum führt errichtet.
Abb. 12 Zeichnungen der Akten von Nr. 23586
Anhand von Bauakten des städtischen Archivs lassen sich Umbaumaßnahmen erst für das 19. Jahrhundert für das Gebäude nachweisen.
So stellte der damalige Hauseigner und Lohgerbermeister Hermann Wust am 08. Februar 1887 einen Bauantrag zur Änderung der
Fensteröffnungen im Unterstock des giebelständigen Fachwerkbaus. In dem Wohnhause sollte ein Laden entstehen und zu diesem
Zwecke ein Ladenfenster zur Straße eingebaut werden. Des Weiteren beabsichtigte der Lohgerber im westlich an das Haupthaus
angrenzenden Stallgebäude zwei Zimmer mit Fenster zur Straße unterzubringen (7).
Der mit dem schriftlichen Bauantrag eingereichte
Grundrissplan erläutert die damalige Nutzungsstruktur im Unterstock. Der Eingang befindet sich seit dem 18. Jahrhundert bis
heute unverändert außermittig im östlichen Abschnitt des Nordgiebels.
Im nordöstlichen Bereich, annähernd in Gebäudemitte, lag der Flur mit einem Gang zur Küche, die im südwestlichen Bereich zum
Hof untergebracht war. Der schmale Gang führte im weiteren Verlauf zum Ausgang in den Hofbereich. Zur Straße lag eine Stube mit
zwei großen Fensteröffnungen und in dem an das Haupthaus angrenzenden westlichen Stall die geplanten Kammern. Ältere
Fotografien zeigen noch das 1887 erwähnte Ladenfenster. Ein Schild verweist auf den Verkauf von Obst, Gemüse, Kartoffeln
und den Namen der damaligen Bewohnerin Luise Plättner (8). Die oberen beiden Etagen dienten vermutlich in dieser Zeit der Wohnnutzung.
In Längs- und Querrichtung hat das Gebäude in allen Etagen in den Außenwänden teilweise geschosshohe Streben, Fußstreben, in
den Randgebinden und seitlich der Ständer in Achse der inneren Bundwände, sowie Brüstungsbohlen. Im Unterstock verläuft in
Längsrichtung im südlichen Bereich gebäudemittig eine Bruchsteinwand. Im Zwischengeschoss liegt in gleicher Achse der mittlere
Unterzug mit Fachwerkwand darunter und im Oberstock sind unter dem Unterzug Ständer mit Kopfbändern angeordnet, die die
Deckenlast aufnehmen und das Gebäude in Längsrichtung stabilisieren. In Längsrichtung steifte im Oberstock, bauzeitlich
vermutlich in jedem Gebinde, noch eine Kopfstrebe an Stichbalken und Außenwandständer angeschlossen, das konstruktive Gefüge
aus. Die Vollgespärre des Daches mit mittigem Stuhl liegen in gleicher Achse. Der Achsabstand zwischen Traufwänden und
Mittelunterzug beträgt von West nach Ost ca. 5,50 m.
Die zwei Deckenbalkenlagen, die obere gleichzeitig die Zerrbalkenlage des Daches, erhalten durch Kopfbänder im Zwischengeschoss
und Oberstock ihre Queraussteifung. Die Kopfbänder, teilweise nur noch vereinzelt nachweisbar, waren vermutlich in allen
Gebinden an Deckenbalken und Ständer angebunden: Der auskragende Balkenüberstand an den Traufseiten stabilisieren eingezapfte
Knaggen. Weitere queraussteifende Wände im Unterstock sind die im nördlichen Gebäudeabschnitt und die gebäudemittige Fachwerkwand,
im westlichen Verlauf massiv aufgemauert. Im Zwischengeschoss rahmen zwei Querwände (Gebinde 4 und 5) den Flurbereich.
Das Kehlbalkensparrendach besteht aus acht Gespärren mit Achsabständen von ca. 1,32 m. Die zwei Kehlbalkenlagen sind mit
einer Hackenblattverbindung an die Sparren angefügt. Zwei dieser Gespärre sind in der unteren Ebene als Vollgespärre mit mittig
stehendem Stuhl (Gebindeachse 3,5) ausgebildet, wobei sich ihre Lage mit der Lage der tragenden Ständerreihe im Oberstock bzw.
der Längswand unterhalb des Unterzuges im Zwischengeschoss deckt. Die Sparrenfüße sind in die Zerrbalken gezapft, den Firstpunkt
verbindet ein Scherzapfen. An die Sparren in Höhe der Kehlbalkenlage genagelte Aufschieblinge überspannen die Traufschwelle.
Die Längsaussteifung besteht aus Kopfbändern in Achse der Vollgespärre und im Giebel und vermutlich ehemals aus unter die
Sparrenebene genagelte Windrispen. Die Eindeckung besteht aus Linkskrempern.
Abbundzeichensystem:
Abb. 15 Grundriss Dachgeschoss mit Abbundzeichen (Deutsches Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)
An der Nordfassade steigt die Zeichenzahl der Abbundzeichen von West nach Ost an. Die Bauteile erhielten eine Kennzeichnung
mit Beilhieben in Kombination mit Dreiecksausstichen von eins bis acht ansteigend. Der südliche Eckständer wurde von der
Traufseite erfasst. Die Kennzeichnungen der Riegel und Streben erfolgte entsprechend der Ständernummerierung.
Auf den Traufseiten erfolgte die Kennzeichnung des Abbundes gebindeweise von Süd nach Nord, im Osten in römischen Ziffern, im
Westen mit Beilhieben und Dreiecksausstichen.
Abb. 16 Zeichnung Ostfassade mit Abbundzeichen (Deutsches Fachwerkzentrum Quedlinburg e.V.)
Die Sparren des Dachwerks erhielten auf der westlichen Seite Beilhiebe in Kombination mit Dreiecksausstichen, auf der östlichen
Seite römische Ziffern von eins bis acht ansteigend (Verlauf von Süd nach Nord). Die Stuhlkonstruktion erhielt zudem eine
eigene Zählung in Längsrichtung, was an den Kopfstreben gut erkennbar ist. Die nördliche Kopfstreben im Giebelgebinde erhielt
einen Beilhieb mit einem Ausstich, die Kopfstrebe der Stuhlkonstruktion in Gebinde 4 einen Beilhieb mit zwei Ausstichen, die
Kopfstrebe der Stuhlkonstruktion in Gebinde 6 einen Beilhieb mit 3 Ausstichen.
Quellen-, Dokumentations- und Literaturnachweis
Archiv Stadt Osterwieck: Stadt Osterwieck, Akte 23586, Baubeschreibung, Ansicht, Grundriss und Situationsplan vom 08. Februar
1887, gez. Maurermeister, H. Wust, S. 20-23
Prater, Christian: Hausinschriften in Osterwieck.