RENAISSANCE
GASTHOF Z. TANNE - ROSMARIENSTRASSE 7-10
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Abb. 1 Fassadenansicht 2013 (Deutsches Fachwrkzentrum Quedlinburg – später. DFZ Qlb.)
Inschrift:
1. Stockschwelle: Wer fest glaubt an Jhesum Christ – Des Teuffelß überwinder Istt – 1596, Jakob Reinke MC
2. Stockwerkschelle: Al mein thun Zu aller frist – Geschehe im Namen Jh(esu Christ HD) (1)
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Abb. 2 Bauphasenplan Grundriss EG Rosmarienstr. 7 (DFZ Qlb.)
Der Gebäudekomplex Rosmarienstr. 7-10 besteht aus drei Fachwerkbauten unterschiedlicher Bauzeiten. Sein östlicher Fachwerkbau stammt aus dem Jahre 1596 und der westliche Bau aus dem Ende des 16. Jahrhunderts, beide Häuser rahmten offensichtlich früher einen älteren Gebäudekomplex. Der mittige Bau stammt aus dem Jahre 1614 und wurde in die Baulücke eingefügt. Im 19. Jahrhundert gehörte annähernd die gesamte heutige Parkplatzfläche zum Hofgelände des damaligen Gasthauses. So grenzte laut Situationsplan von 1880 an das Torhaus ein Stall an. Das Hofareal schloss nach Süden mit einer großen Scheune mit Stall und nach Westen mit einem Schuppen sowie dem neu geplanten Waschhaus (2). Zu diesem Zeitpunkt gehörte das Wohnhaus Rosmarienstraße 9-10 noch nicht dem Gastwirt Wolter.

Das Torhaus, Rosmarienstr. 7

Der westliche, traufständige dreistöckige Baukörper Rosmarienstr. 7 schließt mit einem hohen Satteldach. Der Fachwerkbau mit fünf Gebinden Breite besitzt im unteren Stockwerk eine große Tordurchfahrt.
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Abb. 3 Hofansicht Baualtersplan (DFZ Qlb.)
Die Traufwände kragen in den oberen Stockwerken gering in den Straßenraum vor. Die beiden Längsseiten und der Westgiebel des Gebäudes wurden in Stockwerksbauweise in Fachwerk errichtet. Das Gebäude besaß keinen eigenen östlichen Giebel, vor die 1580 errichtete Giebelwand des Nachbarhauses wurde das östlichen Randgebinde aus einzelnen Deckenbalken und Ständer mit Kopfstreben eingefügt.
Schmuckformen der Fassade sind die mit Fächerrosetten und Arkadenmotiven beschnitzten Brüstungsbohlen und Ständer, die gerundeten Deckenbalkenenden sowie die Knaggen mit kleinen Taustäben unter den Deckenbalken. Die Stockschwellen in beiden Etagen zieren Inschriften. Die zwischen den Deckenbalken angeordneten Füllhölzer sind über die gesamte Länge mit Schiffskehlen und Taustäben profiliert. Die ehemals rundbogige Toreinfahrt umfasst ein Perlstab.
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Abb. 4 Bauphasenplan Grundriss 1.OG Rosmarienstr. 7 (DFZ Qlb.)
Die Fassade war nach restauratorischen Untersuchungen von 1985 ursprünglich ohne Anstrich, lediglich die Schwellen waren mennigrot gefasst mit schwarzen Schriftzeichen. Erst einige Jahrzehnte nach Errichtung des Gebäudes erhielt dieses zusammen mit dem angrenzenden Nachbarbau eine grüne Fassung mit polychromen Absetzungen der Schnitzereien (3).
An der Fassade verweist eine Inschrift auf der Schwelle im oberen Stockwerk auf die Erbauung des Gebäudes 1596 und auch der Bauherr Jacob Reincke wird über der Toreinfahrt genannt, der 20 Jahre später ebenfalls denn westlich angrenzenden Bau errichtete (4).
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Abb. 5 Detailzeichnung der Fachwerkkonstruktion (DFZ Qlb.)

Konstruktion und Gefüge

Die Tordurchfahrt des Gebäudes nimmt annähernd die Gesamtbreite des Gebäudes ein. Lediglich ein ein Gebinde schmales Wandstück schließt westlich an. Die Toreinfahrt ist nicht mehr vollständig erhalten. Die seitlich in den fünf Meter langen Sturzbalken unterstützenden zapfenden Kopfstreben wurden entfernt.
Jedes der drei Stockwerke ist eigenständig abgebunden, wiederholt sich in den Etagen. Der Bau umfasst 5 Gebinde in der Länge, wobei nur 4 Gebinde von der Straßenseite aus sichtbar sind, das 5 Gebinde wird von Haus Nr. 8 verdeckt.
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Abb. 6 Bauphasenplan Grundriss 2. OG Rosmarienstr. 7 (DFZ Qlb.)
Im Oberstock stehen die Ständer in gleichmäßigen Abständen auf den Deckenbalken angeordnet. Die Abstände zwischen den einzelnen Ständern beträgt etwa 1,25 m. Die Ständer zapfen in die Schwelle und durch das bohlenstarke Rähm in die Zerrbalken der Dachkonstruktion. Die Verbindungen sind mit Holznägeln im Schwellbereich gesichert. Im Bereich der Fassade ist der durchlaufende Brüstungsriegel an die Ständer angeblattet und mit Holznägeln gesichert. Die Hoffassade und der westliche Giebel besitzen in die Ständer gezapfte Riegel und Fußstreben.
In der Straßenfassade sind die Brüstungsplatten mit Fächerrosetten und Arkadenmotiven seitlich in die Ständer eingenutet. Die bauzeitliche Ausfachung erfolgte mit Stakenhölzern mit Strohlehmputz. Ein dünner Kalkputz überzog bauzeitlich die Gefachoberfläche.
Die quergespannten Deckenbalken liegen auf dem Rähm der Außenwände auf und sind mit den Schwellhölzern mit flachen Ausnehmungen verkämmt. Im Innern lagern sie auf dem mittleren Längsunterzug, die Deckenfelder schließen mit Lehmwickeln.
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Abb. 7 Zeichnung zum westlichen Giebel von Haus Nr. 7 (DFZ Qlb.)
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Abb. 8 Isometrie Systemzeichnung von Haus Nr. 8 (DFZ Qlb.)
Die quergespannten Deckenbalken liegen auf dem Rähm der Außenwände auf und sind mit den Schwellhölzern mit flachen Ausnehmungen verkämmt. Im Innern lagern sie auf dem mittleren Längsunterzug, die Deckenfelder schließen mit Lehmwickeln.
Der Abbund der Hoffront wurde bei der Instandsetzungsmaßnahme 1980 verändert. Bauzeitlich waren die nun teilweise eingekürzten Brüstungsstreben unterhalb der Riegelkette in Schwell und Ständer gezapft. Holzverbindungen der Ständer und Fußstreben zeigen mit Holznägeln gesicherte Zapfenverbindungen.
Der Westgiebel des Gebäudes wird von dem wenig später errichteten angrenzenden Bau umschlossen. Im unteren Stockwerk im Bereich der Tordurchfahrt erhielt der Giebel im 19. Jahrhundert eine neue Fachwerkkonstruktion. In den oberen Etagen ist die bauzeitliche Konstruktion vollständig erhalten. In die Deckenbalken eingezapfte Ständer, in gleicher Höhe verlaufende Riegelketten, Randgebinde mit Dreiviertelstreben und an den mittigen Ständer angeblattete Fuß- und Kopfstreben bilden die bauzeitliche Konstruktion.
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Abb. 9 Straßenansicht Bauphasenplan (DFZ Qlb.)
Im 2. Oberstock des Westgiebels ist ein Holzsprossenfenster aus dem 16. Jahrhundert noch erhalten geblieben.
Die Dachkonstruktion, ein doppeltes Kehlbalkendach mit mittigem Stuhl besitzt in die Deckenbalken eingezapfte Sparren, die im Giebeldreieck mit einem Scherzapfen verbunden sind. Der Kehlbalken ist in die Sparren gezapft, die Zapfenverbindung mit Holznägeln gesichert. Das Vorholz der Zerrbalken und die aufliegende Dachschwelle werden von den Aufschieblingen überspannt.
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Abb. 10 Bauantrag für den Umbau der Fassade Rosmarienstr. 8, 1884 (Acta betr. Die Zeit vom 1. April bis dahin 1885 ert. Bauconsense 1884-85; Stadtarchiv Osterwieck)

Die Nutzung des Gebäudes

Die Nutzung dieses Gebäudes ist heute nicht mehr detailliert nachvollziehbar, bauzeitliche Bundwände im Innern können nicht mehr erfasst werden. Ein Ständer im 2. Gebinde von Osten, unter den bauzeitlichen Unterzügen sind im 1. und 2. Oberstock noch vorhanden. Kopfstreben nach Süden und Westen, in Deckenbalken und Unterzug gezapft, erhöhen die Längs- und Quersteifigkeit des Gebäudes. Das Fehlen originaler raumteilender Wände lässt die Vermutung zu, dass der Bau als Speicherbau diente. Die Erschließung des Gebäudes erfolgte vermutlich vom früher östlich angrenzenden Gebäude aus. Ausklinkungen im Schwellbereich, die auf eine bauzeitliche Verbindung hinweisen, konnten aber nicht belegt werden. Eine Türöffnung zwischen dem 6. und 7. Gebinde wurde nachträglich eingebaut und der bauzeitliche Riegel, erkennbar an dem noch vorhandenen Zapfenloch und Holznagel, wurde bei dieser Baumaßnahme entfernt.
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Abb. 11 Historisches Gemälde (Archiv Landesamt für Denkmalpflege Halle)
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Abb. 12 Bauantrag für den Umbau der Fassade Rosmarienstr. 8, 1884 (Acta betr. Die Zeit vom 1. April bis dahin 1885 ert. Bauconsense 1884-85; Stadtarchiv Osterwieck)
Der angrenzende Bau Rosmarienstr. 8 wurde laut Inschrift im Jahre 1614 von Jacob Reincken, seiner Frau Maria Claves, Berendt Reincken und Catharina Behmen errichtet. Neben diesen Namen schmücken Familienwappen oberhalb der Inschrift die Brüstungsplatte (5).
Der traufständige, dreistöckige Baukörper, der schräg in den Straßenraum verspringt, schließt mit einem Satteldach. In Längsrichtung weist der Bau neun Vollgebinde auf, das östliche Randgebinde ist hier, da der Bau sich in eine Baulücke einfügt, nicht als Vollgebinde ausgebildet mit Grat- und Stichbalken aufwändig geschlossen.
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Abb. 13 Hofansicht 1983, Archiv des Landesamtes für Denkmalpflege Halle; Neg.Nr.: K43F33
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Abb. 14 Auszug aus Acta Bauconsense 1884, vgl. Abb. 14 (Stadtarchiv Osterwieck)
Die Traufwände kragen in den oberen Geschossen in den Straßenraum vor. Die Fassade und die Hoffront des Gebäudes wurden in Stockwerksbauweise in Fachwerk errichtet. Im östlichen Gebinde am 1596 errichteten Giebel des Nachbarhauses, gewährleisten Ständer unter den bauzeitlichen Unterzügen mit Kopfstreben und seitlichen zweidrittel hohen Streben die Aussteifung in Querrichtung. Ein westlich abschließender Giebel zu Rosmarienstraße 9 bestand nicht als Aufbau.
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Abb. 15 Bauphasenplan Grundriss EG Rosmarienstr. 8 (DFZ Qlb.)
Der Fachwerkbau besitzt in der unteren Etage zwei große Türeingänge, von denen die westliche bauzeitliche Tür nachträglich zu einem Fenster umgebaut wurde. Bauzeitlich besaß das Gebäude im 2. Oberstock eine Ladeluke, die erst im 19. Jahrhundert beim Umbau desselben zu Wohnzwecken geschlossen wurde.
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Abb. 16 Bauzeitlicher Ständer unter bauzeitlichem Unterzug (DFZ Qlb.)
Schmuckformen der Fassade bilden die mit Beschlagwerk profilierten Brüstungshölzer, gerundete Deckenbalkenenden, Knaggen unterhalb der Deckenbalken und Ständer mit pilasterähnlichem Schnitzwerk. Die Stockschwellen zieren ein Zahnschnittfries und Taustäbe, die Füllhölzer sind über die gesamte Länge mit Zahnschnittfries und Schiffkehle profiliert. Einen besonderen Schmuck bildet der an den nordöstlichen Eckständer an der Deckenzone zum Oberstock angebrachte männliche Kopf.
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Abb. 17 Isometrie Systemzeichnung Rosmarienstr. 8 - 1. OG (DFZ Qlb.)
Die Fassade war laut restauratorischen Untersuchungen mit dem Nachbarbau grün gefasst mit polychromen Absetzungen (6).
Die Nutzung des Gebäudes ist nicht mehr nachvollziehbar, Bundwände im Innern des Gebäudes konnten am Bau heute nicht mehr erfasst werden. Lediglich ein Ständer im 2. Gebinde von Osten, der in den bauzeitlichen Unterzug zapft, ist im 1. und 2. OG noch vorhanden. Kopfbänder nach Süden und Westen in Deckenbalken und Unterzug gezapft erhöhen die Längs- und Quersteifigkeit des Gebäudes. Das Fehlen Raumteilender Wände lässt die Vermutung zu, dass der Bau als Speicherbau genutzt wurde, die Erschließung des Gebäudes erfolgte vermutlich von Seiten des früher östlich angrenzenden Gebäudes aus. Ausklinkungen im Schwellbereich, die auf eine bauzeitliche Verbindung hinweisen, konnte nicht belegt werden. Eine Türöffnung zwischen dem 6. und 7. Gebinde wurde nachträglich eingebaut, der bauzeitliche Riegel, erkennbar an dem vorhandenen Zapfenloch und Holznagel, wurde infolge der Baumaßnahme entfernt.
Der angrenzende Bau Rosmarienstr. 8 wurde laut Inschrift im Jahre 1614 von Jakob Reinecken, seiner Frau Maria Claues, Berendt Reincken und Catharina Behmen errichtet. Familienwappen oberhalb der Inschrift schmücken weiterhin die Brüstungsplatte.
Der mittige traufständige, dreigeschossige Baukörper, der schräg in den Straßenraum verspringt, schließt mit einem Satteldach. In Längsrichtung weist der Bau neun Vollgebinde auf, das östliche Randgebinde ist hier, da der Bau sich in eine Baulücke einfügt, nicht als Vollgebinde ausgebildet ebenso das eingeschobene Gebinde vor dem westlichen Randgebinde.

Konstruktion und Gefüge

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Abb. 18 Bauphasenplan Rosmarienstr. 8 - 1. OG (DFZ Qlb.)
Der Abbund der Fachwerkkonstruktion, je Stock eigenständig, wiederholt sich in den Etagen. Die Ständer wurden in Reihung der Deckenbalken angeordnet. Die Breite zwischen den einzelnen Ständern beträgt ca. 1,01 m.
Die konstruktiven Details der bauzeitlichen Fachwerkfassade bildet die Unterrähmverzimmerung. Die Ständer sind in Schwelle und durch das bohlenstarke Rähm gezapft. Der durch das Rähm durchgesteckte Zapfen des Ständers endet in der Zerrbalkenlage. An der Außenfassade ist im Ständer und auskragenden Balkenkopf die Knagge dreiecksstabilisierend ein gezapft.
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Abb. 19 Bauzeitliche Bundwand Achse 4 (DFZ Qlb.)
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Abb. 20 Bauphasenplan Rosmarienstr. 8 - 2. OG (DFZ Qlb.)
Die Gefügeverbindung von Schwelle und Ständer mit Holznägeln gesichert. Im Bereich der Tür ist das Schwellholz in den Ständer ausgeklinkt eingezapft und ebenfalls mit Holznägeln gesichert.
Im 1. und 2. Oberstock der Fassade ist der durchlaufende Brüstungsriegel vor die Ständer geblattet. Er überdeckt die in gleicher Höhe verlaufende Riegelkette. Die Zapfenverbindung der bauzeitlichen Riegel und des Brüstungsriegels ist mit einem Holznagel gesichert. Die in die Ständer eingenuteten Brüstungsbohlen und Streben, im Bereich der Eckgebinde der Fassade in die Ständer und Schwelle gezapft, überblatten die Riegel und steifen die Fachwerkkonstruktion in Längsrichtung aus.
Die untere Etage des Gebäudes wurde im 19. Jahrhundert stark verändert. Ein Bauantrag aus dem Jahre 1884, eingereicht durch den Besitzer und Gastwirt Wolter sowie dem Zimmermeister Herrn Witte, beschreibt den Umfang der Baumaßnahme. An der Straßenfassade sollten die neuen Fachwerkwände mit Ziegelsteinen ausgemauert werden und die Fundamente aus Bruchsteinen in Kalkmörtel. Die eingereichte "Situations-Zeichnung" zeigt die geplante Errichtung der Vorderfassade und Giebelwand mit jeweils zwei Fenstern, die Ausführung erfolgte schließlich mit drei Fensterachsen (7).
Ein vermutlich noch vor dem Umbau der Straßenfassade im 19. Jahrhundert entstandenes Gemälde zeigt die bauzeitliche Türöffnung mit seitlich angrenzenden Fenstern. Die Ständer mit durchlaufender Riegelkette besaßen Fußstreben.
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Abb. 21 Ansicht der Gespärre Rosmarienstr. 8 (DFZ Qlb.)
Der Abbund der Hoffront wurde infolge der Instandsetzungsmaßnahme 1980 und Umbaumaßnahmen im 19. Jahrhundert verändert. Der untere Stock wurde in Mauerwerk aufgemauert. Die oberen Stockwerke hingegen lassen den bauzeitlichen Abbund noch erkennen. Stockwerkshohe Streben, teilweise zurückgeschnitten beim Einbau jüngerer Fensteröffnungen, in den Eckgebinden stabilisieren hier den Abbund in Längsrichtung.
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Abb. 22 Blick auf die Fensterseite des Gastraumes der Gaststube „Zur Tanne“ (DFZ Qlb.)
Die Zerrbalken des Daches liegen auf den Rähmen und im Innern auf zwei Unterzügen auf, eine Verkämmung ist an der Rückfront des Gebäudes sichtbar.
Der bauzeitliche Abbund erhielt Zimmererzeichen zur Bestimmung der Lage der Hölzer. Ihre Zahl steigt an den Gebinden von Ost nach West an, für die Stockwerksunterscheidung erhielten die Zeichen zusätzliche Beistriche. An der Fassade der Rosmarienstr. 8 erscheinen die Abbundzeichen in Form von dreieckigen Ausstichen an der Rückfront als Römische Ziffer.

Der Grundriss des Gebäudes

Der Grundriss des Gebäudes war bauzeitlich im Unter- und Oberstock wohl dreizonig und vermutlich zweischiffig. Die weitere Raumteilung erfolgte durch tragwerksunabhängige Trennwände in Querrichtung auf den Deckenbalken, die heute aber nicht mehr nachgewiesen werden können.
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Abb. 23 Ansicht der Straßenfassade Haus Nr. 9 – 10 (DFZ Qlb.)
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Abb. 24 Blick in den Gastraum der Gaststube „Zur Tanne“ Haus Nr. 8 (DFZ Qlb.)
Die Trennwände lagen in den Achsen der Bindergespärre im Dachgeschoss im 4. und 7. Gebinde. Die bauzeitliche Wandstellung wurde jedoch im unteren Stockwerk durch spätere Umbaumaßnahmen verändert. Lediglich vereinzelt erhaltene Ständer unter den Unterzügen blieben in den die Last des Gebäudes tragenden Achsen erhalten.
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Abb. 25 Isometrie Systemzeichnung Haus. Nr. 9 – 10 (DFZ Qlb.)
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Abb. 26 Fenster des großen Saals von Haus Nr. 9 (DFZ Qlb.)
Der Bauantrag von 1884 zeigt die ursprüngliche Lage der Wände in Querrichtung. Zwei Bundwände verliefen von Nord- nach Süd, und teilten den Grundriß des unteren Stockes in drei Zonen. Die östlichen und westlichen Räume, annähernd gleich groß, rahmten den mittleren schmaleren Flur. Eine in dem Plan von 1884 noch verzeichnete und anhand von vereinzelten bauzeitlichen Ständern noch nachweisbare Mittellängswand verlief entlang des nördlichen Unterzuges (8).
Die Lage der bauzeitlichen Bundwände anhand der noch vereinzelt vorhandenen Ständer und Zapfenlöcher in den Deckenbalken lassen sich im Unter- und Oberstock im 4. und 7. Gebinde nachweisen. Die noch bis zum südlichen Unterzug erhaltene Bundwand (Gebinde 4) stabilisiert in Querrichtung eine in Außenwandständer und Schwell gezapfte Bundstrebe, den Riegel überblattend sowie in Schwell und Rähm gezapfte Ständer. Die einfache Riegellage verlief in gleichbleibender Höhe. Die bauzeitlichen Gefache sind im Innern mit Stakenhölzern mit Strohlehmputz und einem dünnen Kalkputz geschlossen. Bauzeitliche Gefachausmalungen konnten bisher nicht nachgewiesen werden.
Im 2. Oberstock, das Lagerzwecken diente, verspringt die Anordnung der bauzeitlichen Ständer zur Lage der Bindergespärre im Dachwerk um ein Gebinde nach Westen. Kopfstreben steifen zusätzlich in Längsrichtung des Gebäudes aus. In Ständer eingezapfte Streben übernehmen hier die Queraussteifung.

Dachkonstruktion

Das doppelte Kehlbalkendach mit liegendem Stuhl besteht aus 10 Gespärren, die mit den Gebindeebenen der unteren Stockwerke übereinstimmen. Die Lage der Bindergespärre liegt entsprechend der Lage der Bundwände in den unteren Ebenen im 4. und 7. Gebinde.
Im Dachwerk sind die Sparren in die Zerrbalken eingezapft, im oberen Giebeldreieck mit einem Scherzapfen verbunden. Die zwei Kehl- und ein Hahnenbalken sind mittels Schlitz-Zapfenverbindung an die Sparren angeschlossen. Den Balkenüberstand am Dachfuß überspannen die an die Sparren genagelten aufgekämmten Aufschieblinge. An der Straßenfassade stabilisieren Knaggen den Gefügeknoten.

Die Umbaumaßnahme im 19. Jahrhundert

Die liegenden Stuhlsäulen sind parallel der Sparren angeordnet und im Bereich des Längsrähms ausgeklinkt. Sie dienen zusätzlich der Aussteifung der Dachkonstruktion in Querrichtung.
Längsstreben, verbunden mit den liegenden Stuhlsäulen und dem Spannriegel, der unterhalb des Kehlbalkens zwischen den Stuhlsäulen verläuft, stabilisieren zusätzlich die Konstruktion.
Die von Ost nach West verlaufenden Längsrähme liegen auf den Stuhlsäulen und sind mit den Kehlbalken verkämmt. Der auf der oberen Dachebene verlaufende Längsrahmen liegt im Giebelbereich auf Ständer mit Kopfstreben stabilisiert auf.
Zusätzlich in Längsrichtung steifen auf der Sparrenunterseite Längsbalken, in die Stuhlsäulen der Bindergespärre eingelassen, aus. Kreuzstreben, mit Längsrähm und Stuhlsäule verzapft und verblattet, unterstützen die Konstruktion. Alle Zapfen- und Blattverbindungen wurden mit einem Holznagel gesichert.

Die Nutzung des Gebäudes

Das Gebäude Rosmarienstr. 8 wurde bis 1945 als Gaststätte mit Herbergsräumen geführt. Nachfolgend nutzte die Baufachschule Osterwieck diese Räume als Wohnheim für die Auszubildenden, die nach 1960 nach Blankenburg verlegt wurde. Entscheidendes Kriterium war hier die Grenznähe Osterwiecks. In den 60er Jahren richtete die Stadt Osterwieck hier ihre Bibliothek ein. Nach ihrem Auszug 1978 blieb das Gebäude ungenutzt (9).

Rosmarienstr. 9-10, ein Reihenhaus aus dem 16. Jahrhundert

Der westlich anschließende Bau Rosmarienstr. 9-10 wurde laut Inschrift vermutlich Ende des 16. Jahrhunderts von Wassmann Lakemacher und Esther Winckels gebaut (10).
Der traufständige, zweistöckige Baukörper mit Zwischengeschoss wurde in Fachwerk errichtet und schließt mit einem Satteldach. Die Erschließung des Gebäudes erfolgte über den vermutlich noch bauzeitlichen Türeingang im unteren Stockwerk.

Konstruktion und Gefüge

Der Bau ist 15 Gebinde breit. Gebinde 1 und 15 sind äußere Giebel, Gebinde 7 und 13 sind als Bundwände ausgebildet worden.
Die konstruktiven Details der bauzeitlichen Fachwerkfassade sind die in die Schwelle und durch das bohlenstarke Rähm gezapften hohen Ständer im Unterstock. Die Ständer stehen in Reihung der Deckenbalkenlage. Die Gebindebreite zwischen denselben beträgt ca. 1,00 m. In der Außenfassade ist die Zapfenverbindung von Schwelle und Ständer mit Holznagel gesichert. Für die Bauzeit konnten drei Riegellagen an der Fassade nachgewiesen werden, deren Lage teilweise durch den späteren Einbau neuer Fensteröffnungen verändert wurden. Im Unterstock wurde ein Zwischengeschoss eingefügt. Der Balkenüberstand wird durch eingezapfte Knaggen dreiecksstabilisiert.
An der Tür ist das Schwellholz für die Türständer ausgeklinkt eingezapft und mit Holznägeln gesichert.
Der nordöstliche Teil des unteren Stockwerkes wurde im 19. Jahrhundert stark verändert. Im Bereich der heutigen Hausnummer 9 wurde die gesamte Fassade 1893 im Rahmen des Saaleinbaus neu errichtet. Im Innern entstand ein über zwei Etagen ragender und die gesamte Haustiefe einnehmende Saal. Im südwestlichen Fassadenbereich wurde Anfang des 20. Jahrhunderts ein Ladenfenster eingebaut.
Das obere Stockwerk wiederholt in der Fachwerkkonstruktion die klassische Stockwerksbauweise mit geringer Fassadenvorkragung, dieselbe erhielt einen eigenständigen Abbund mit Schwell, Ständer, Rähm, durchlaufenden Riegelketten, Brüstungsbohlen und Deckenbalken. An der Fassade ist der durchlaufende Brüstungsriegel an die Ständer angeblattet und mit Holznägeln gesichert. Die in gleicher Höhe verlaufende Riegelkette wird überdeckt. Die Brüstungsbohlen sind in die Ständer eingenutet.
Schmuckformen der Fassade bestehen aus den mit Arkaden profilierten Brüstungsbohlen im Oberstock, gerundete Deckenbalkenenden, Knaggen unterhalb der Deckenbalken und pilasterähnlich verzierte Ständer. Die Stockschwellen trägt eine Inschrift. Die zwischen den Deckenbalken angeordneten Füllhölzer sind mit Schiffskehlen profiliert.

Hoffront

Der Abbund der Hoffront wurde infolge der Instandsetzungsmaßnahme 1980 und der Umbaumaßnahmen im 18. und 19. Jahrhundert verändert. Partiell wurden Bereiche des großen Saales und der ehemaligen Schwarzen Küche durch Mauerwerk ersetzt. Das obere Stockwerk und einzelne Gebinde im unteren Stockwerk lassen den bauzeitlichen Abbund erkennen.
Die geschossübergreifenden Ständer sind in Reihung bzw. in Achse der Deckenbalken angeordnet. Die Abstände zwischen den einzelnen Ständern betragen etwa. 1,00 m. Der konstruktive Aufbau gleicht dem der Straßenfassade. Drei in die Ständer eingezapfte Riegellagen konnten an der Hoffront für den originalen Abbund des Unterstocks nachgewiesen werden. In Längsrichtung aussteifende Streben sind nur noch am Bundständer im Gebinde 7 erhalten. Aussteifende Knaggen am Balkenüberstand eingezapft stabilisierend in Querrichtung.
Das obere Stockwerk wiederholt den Abbund der Straßenfassade. Aussteifende Elemente in Längsrichtung bilden hier geschosshohe Streben, beim Einbau jüngerer Fensteröffnungen zurückgeschnitten.
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Abb. 27 Giebelquerschnitt innenliegend, Haus Nr. 7 (DFZ Qlb.)

Die Giebel des Gebäudes

Das Gebäude besitzt einen östlichen (Gebindeache 1) und einen westlichen Giebel (Gebinde 15). Die Konstruktion des östlichen Giebels ist nur noch im Dachwerk und dem nordöstlichen Eckständer anhand der Zapfenlöcher für Bundstrebe und Kopfstrebe nachweisbar. Der westliche Giebel wurde im Unterstock und Zwischengeschoss durch den Ladeneinbau Anfang des 20. Jahrhunderts verändert. Lediglich im Oberstock blieb der bauzeitliche Abbund, in Randbalken gezapfte Ständer mit in gleicher Höhe verlaufenden Riegelketten sowie die in die Außenwandständer eingezapften Kopfstreben erhalten.
Zwei Bundwände in Gebindeachse 7 und 13 steifen das Gebäude in Querrichtung aus. Die großen Ständerabstände mit 1,67 m wiederholen sich in allen Etagen. Die Riegel wurden in die Ständer gezapft. Der Ständerrhythmus wurde im Unterstock durch die Lage des außermittigen Längsunterzuges unterbrochen und ein zusätzlicher Ständer eingefügt. In den Randgebinden steifen Kopfbänder und Streben zusätzlich aus. Die Bundwand in Gebindeachse 7 zeigt keinerlei Öffnungen zu dem angrenzenden Gebäudeabschnitt, die Bundwand in Gebindeachse 13 besitzt lediglich einen vermutlich nachträglich eingefügten Türdurchgang.

Der Grundriss des Gebäudes

Der Grundriss des Gebäudes war bauzeitlich im Unterstock und Zwischengeschoss wohl dreizonig und zweischiffig ausgebildet.
In Längsrichtung gewährleistet neben den äußeren Traufwänden, die bauzeitlich unter dem außermittigen Längsunterzug eingebauten Stützen der Fachwerkwand, die im westlichen Gebäudebereich nicht mehr vollständig erhalten ist, den Lastabtrag und die Aussteifung des Gebäudes. In Gebäudemitte zwischen dem 7. und 10. Gebinde befindet sich noch heute eine große Diele, in diesem Bereich ist die Mittellängswand unterbrochen und der bauzeitliche Unterzug auf einem Ständer unterstützt mit einer im oberen Abschluss mit Zahnschnittfries profilierten Knagge aufgelagert.
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Abb. 28 Giebelquerschnitt innenliegend, Haus Nr. 10 (DFZ Qlb.)
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Abb. 29 Bauphasenplan Grundriss EG Rosmarienstr. 9 – 10 (DFZ Qlb.)
Der an die Diele westlich angrenzende Raum oberhalb des Kellers diente vermutlich als Stube. Die Heizbarkeit des Raumes ermöglichte die südlich angrenzende Küche. Massive Bruchsteinwände und der erneute Einbau eines Schornsteinschlotes im 18. Jahrhundert und Grudenöfen im 19. Jahrhundert an gleicher Stelle verweisen auf ihren ehemaligen Standort.
Die Deckenbalken des Unterstocks zapfen in die Außenwandständer der Traufwände. An der Innenwand zur Straße sichern ehemals profilierte Knaggen diesselben in der Lage.
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Abb. 30 Bauphasenplan Grundriss 1.OG Rosmarienstr. 9 – 10 (DFZ Qlb.)
Bauzeitliche Bundwände im Zwischengeschoss in Achse 7, 10 und 13 von Nord nach Süd belegen wiederum einen dreizonigen Grundriss. Auch hier verläuft der außermittige Unterzug mit darunter stehender Längswand außermittig und teilt den Grundriss in zwei Schiffe. Zur Straßenfassade lagen vermutlich Stuben und Kammern und zum Hof ein Flur.
Eine bis zum mittleren Unterzug erhaltene Bundwand in Gebinde 10 zeigt in Schwell und Deckenbalken gezapfte Ständer. Die einfache Riegellage verlief in gleicher Höhe. Die bauzeitlichen Gefache bestanden aus Stakenhölzern mit Strohlehmputz und einem dünnen Kalkputz. In der hofseitigen Wand steifte in Querrichtung eine Kopfstrebe in Deckenbalken und Außenwandständer gezapft die Konstruktion aus.
Oberhalb des Zwischengeschosses und Oberstocks, liegen die Decken- bzw. Zerrbalken auf dem bohlenstarken Rähm und im Innern auf dem außermittig verlaufenden Längsunterzug mit darunter stehender Fachwerkwand auf.
Im Oberstock, das vermutlich ursprünglich nur für Lagerungszwecken genutzt wurde, ist der bauzeitliche Unterzug mittig. Kopfstreben, in die Ständer eingezapft, steifen zusätzlich in Längsrichtung das Gebäude aus. Die sind nur noch an den Blattsassen im Unterzug nachweisbar. Kopfstreben zwischen Ständer und Deckenbalken der Hofseite übernehmen dies in Querrichtung. Der Ausbau zu Wohnzwecken erfolgte auch hier erst im 19. Jahrhundert.
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Abb. 31 Ansicht der Gespärre Haus Nr. 9 - 10 (DFZ Qlb.)
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Abb. 32 Bauphasenplan Grundriss 2. OG Rosmarienstr. 9 – 10 (DFZ Qlb.)

Dachkonstruktion

Das einfache Kehlbalkendach besteht aus 15 Gespärren, die auf den Gebinden der unteren Stockwerke stehen.
Die Sparren sind mit einem Versatz mit den Zerrbalken und im oberen Giebeldreieck mit einem Scherzapfen verbunden. Den Dachfußpunkt stabilisiert an der Fassade die in Ständer und Zerrbalkenkopf eingezapfte Knagge. Auf dem vorkragenden Balken liegt die Traufschwelle, vom Aufschiebling überspannt.
Der in Querrichtung aussteifende Kehlbalken ist in die Sparren gezapft und mit Holznägeln unverschieblich in der Lage gesichert. In das von Ost nach West in Längsrichtung aussteifende Rähm zapfen die mittig angeordneten Stuhlsäulen der Bindergespärre ein. An das Längsrähm angeblattete Kopfstreben stabilisieren das Gefüge zusätzlich in Längsrichtung.